Die Berner Modular*Tour führt an temporären Labor- und Schulbauten sowie modularen Wohnbauten vorbei. Natürlich sind wir in der besten Velostadt der Schweiz per Rad unterwegs. Am zweiten Tag führt der Weg der Gürbe entlang nach Thun.
Den Bahnhof Bern verlassen wir via die Welle – die auffällige Überführung am Westende des Bahnhofs –, schnappen uns an der Schanzengasse 5 ein Publibike und biegen beim Kino Bubenberg rechts in die Laupenstrasse ein. Etwa 800 Meter später geht es links in die Freiburgstrasse zum Inselspital. Das Spital ist seit seiner Gründung im Jahr 1354 in stetem Wandel. Nach umfassenden Erneuerungen in den Jahren 1880 und 1957 läuft derzeit die dritte Modernisierung und Neugestaltung. Am nordwestlichen Rand des Areals, an der Friedbühlstrasse, stehen zwei kleine, temporäre Laborbauten des Instituts für Infektionskrankheiten. Sie wurden 2013 respektive 2015 erbaut und sollen nach Ablauf der Nutzung an diesem Standort an einen neuen versetzt werden. Die beiden Pavillons setzen sich aus sieben beziehungsweise neun Modulen zusammen und sind über je einen Verbindungsgang mit dem denkmalgeschützten Hauptbau verbunden.
Weiter geht es via Freiburgstrasse und Warmbächliweg an einer Grossbauaustelle vorbei. Hier entsteht nach dem Wegzug der Kehrichtverwertungsanlage die gemeinnützige Siedlung Holliger mit rund 300 Wohnungen. Für deren Entwicklung und Bau haben sich sechs gemeinnützige Bauträger zur Infrastrukturgenossenschaft Holliger zusammengeschlossen. Jede Genossenschaft entwickelt ein Baufeld.
Wir radeln weiter zur Bahnstrasse und erblicken drei Hochhäuser aus den späten 1950er-Jahren, die den Siedlungsraum entlang des Gleisfelds abschliessen. Dazwischen stehen zwei identische, dreigeschossige Modulbauten, die der städtische Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik 2018/19 als Ersatz für zwei Pavillons mit Alterswohnungen erstellen liess.
Nur zwei Velominuten später stehen wir am Zentrum Europaplatz mit dem schweizweit bekannten Haus der Religionen, das Bauart Architekten zusammen mit Urbanoffice Architects, Amsterdam, entwickelten. Das Haus der Religionen nutzen acht Weltreligionen zusammen, und fünf Religionsgruppen besitzen einen privaten Gebetsbereich. Das alles verbindende Element ist ein multifunktional nutzbarer Dialogbereich, in dem sich Menschen unterschiedlichster Kulturen treffen, diskutieren und zusammen feiern können. Das Zentrum Europaplatz beherbergt aber auch Läden, Gastroangebote, Büros, ein Parkhaus und 88 Mietwohnungen.
Wir radeln der Bernstrasse entlang weiter Richtung Westen und kommen via Glockenstrasse zur Schule Statthalter in Bümpliz, wo noch zwei in Betrieb stehende Variel-Bauten aus der 1963er-Serie zu besichtigen sind. Sechs solche eingeschossigen Pavillons standen früher auf dem Areal am Rande des Brünnenparks, den wir via Zentrum von Bümpliz am Ende der Brünnenstrasse erreichen. An der Stelle der Pavillons werden nun im Oktober 2020 drei zweigeschossige Modulbauten für die Schule Brünnen in Betrieb genommen. Sie dienen als Rochadefläche während des Umbaus mehrerer Schulen in Bern West. Bauart Architekten haben dafür das System Modular-X weiterentwickelt: Im kompakten Grundriss finden auf jedem Geschoss bis zu fünf Klassenräume mit Gruppenräumen Platz, erschlossen über einen Mittelgang. Die Module hat Blumer-Lehmann hochgradig vorgefertigt und in je rund einer Woche aufgebaut. Im Anschluss folgten die Arbeiten für den Innenausbau und die Umgebungsgestaltung. Die 128 Module beherbergen insgesamt 14 Klassenzimmer, schulische Nebenräume und Büros.
Wer sich vor oder nach der Besichtigung der Schule stärken möchte, findet im Park Café Brünnengut eine Auswahl an Getränken und Snacks. Herz des Cafés ist ein umgebauter Bauwagen mit schlichter Holzverkleidung.
Dann geht es zurück zum Bahnhof und weiter ins Lorrainequartier. Wer den Weg via Waldmann- und Murtenstrasse wählt, kann sich im Badesee Weyermannshaus noch eine Abkühlung gönnen. Danach treten wir kräftig in die Pedalen und gelangen der Murtenstrasse und Laupenstrasse entlang, am Bahnhof vorbei, über die Lorrainebrücke zum Lorrainequartier, wo der Wylerpark von Rolf Mühlethaler auf dem Programm steht.
Nach dieser letzten Besichtigung stellen wir das Publibike ab und gehen zu Fuss Richtung Flussbad Lorraine für eine Abkühlung in der Aare oder zum Altenbergsteg, um in der Containerbar Trybhouz einen kühlen Drink zu geniessen.
Wer Lust hat, einen zweiten Tag an die Tour anzuhängen, findet zum Beispiel ennet der Stadt auf dem Campingplatz Eichholz ein Nachtlager. Auch da sorgen die Aare und eine Containerbar – die Aarebar – für Erfrischung.
Tag 2: Durchs Gürbetal nach Thun
Vor der Abfahrt am nächsten Tag gilt es auf dem Campingplatz Eichholz unbedingt das Smallhouse zu besichtigen. Da es eine Personalwohnung beherbergt, kann man es leider nicht für eine Übernachtung buchen.
Unser nächstes Ziel ist der Kindergarten Morillon, eines der frühen systematisch konzipierten Bauten von Bauart. Inmitten des grossräumigen, von Hochhäusern, breiten Strassen und weiten Rasenflächen geprägten Quartiers haben die Architekten einen introvertierten Hofraum gestaltet. Darin sind Kindergarten, Spielhof und Gartenhaus in einem Massstab realisiert, den Kinder begreifen und in Besitz nehmen können. An der Eingangsseite steht das Garten- und Gerätehaus. Das eigentliche Kindergartenhaus liegt auf der gegenüberliegenden Seite und öffnet sich mit einer verglasten Front zum zentralen Spielhof.
Von dort aus schwenken wir auf die Schweiz Mobil Route 74 ein und radeln der Gürbe entlang Richtung Thun. In Mühlethurnen, im mittleren Gürbetal, stehen zwei miteinander verbundene Einfamilienhäuser, die in Leichtbauweise entstanden sind. Die Bauten – ebenfalls ein Werk aus den frühen Bauart-Jahren – stehen heute unter Denkmalschutz und werden zurzeit umgebaut.
Nach der Mittagsrast geht es weiter nach Thun, wo verschiedene Schulpavillons von «Modular-Thun» zu besichtigen sind, beispielsweise der Pavillon Aaremätteli in der Nähe des Bahnhofs. Die Gemeinde Thun deckt ihren Raumbedarf im Bildungsbereich seit 1997 weitgehend mit dem flexiblen Holzbausystem «Modular-Thun» ab. Dafür haben Bauart Architekten das System «Modular-T» weiterentwickelt, das im Zusammenhang mit dem Neubau des Bundesamts für Statistik in Neuenburg entstand. Die Bauten werden im Werk vorfabriziert und in ein bis zwei Tagen auf der Parzelle montiert. Sie können zu einem späteren Zeitpunkt erweitert oder demontiert und an einen neuen Standort versetzt werden. Bis heute sind in Thun sechs ein- und zweigeschossige Pavillons mit insgesamt rund 150 Modulen realisiert worden.
Wer die zweitägige Tour mit einer weiteren abenteuerlichen Übernachtung abrunden möchte, bucht eine Swisstube im Camping Gwatt am Thunersee. Jede dieser Röhren beherbergt eine Wohneinheit für vier bis acht Personen mit eigenem Sanitärbereich. Grosse Panoramafenster bieten einen herrlichen Blick auf Park, See und Berge.
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