Statt die historischen Spuren zu verwischen, nimmt der Wylerpark Elemente der industriellen und tektonischen Struktur des Stadtteils auf. Da Wohnen und Arbeiten im gleichen Gebäude Raum finden, profitieren die Bewohnerinnen, Nutzer und das Lorrainequartier von einem neuen Platz.

Im Stadtberner Lorrainequartier wird seit jeher gewohnt und gearbeitet. Es behielt lange seinen dörflichen Charakter, da es vom Rest der Stadt teilweise abgeschottet war: auf der Nordseite ist es von der Aare begrenzt, und die Lorraine-Brücke für den Individualverkehr wurde erst 1930 gebaut. Ein Nebeneinander von Industrie- und Wohnbauten prägt besonders das Gebiet Wylerfeld ganz im Norden des Quartiers.

Diese Symbiose von Wohnen und Arbeiten spiegelt auch der 2008 erbaute Wylerpark wider. An der Stelle eines früheren Industriebaus wächst ein zweigeschossiger Betonsockel aus dem Boden, in dem sich Grossraumbüros und Dienstleister, etwa ein öffentlich zugängliches SBB-Restaurant, um fünf Lichthöfe gruppieren. Darüber, auf einem monumentalen, vorfabrizierten Betonvordach, stapeln sich dreigeschossig Wohneinheiten, die in vormontierter Holzelementbauweise errichtet wurden. Es sind 36 zweiseitig orientierte Geschosswohnungen mit 3,5 respektive 4,5 Zimmern sowie drei Studios. Bewohnerinnen und Besucher erreichen die Wohnungen über offene, breite Laubengänge. Halbtransparente, verschiebbare Membrane trennen die Wohnungen vom Durchgangsraum. Vor den Wohnungseingängen gibt es Platz für Kinderwagen oder eine kleine Sitzecke, um die Abendsonne zu geniessen.

Mit seiner Rückseite wendet sich der Bau der Bahnlinie Bern–Olten zu, mit seiner Vorderseite der öffentlichen Terrasse vor dem Bau und dem neu entstandenen Wylerpark. Die Freifläche, die den Neubau mit dem Quartier verwebt, konnte nur entstehen, weil die Architekten Wohnen und Arbeiten klug in einem einzigen Gebäude kombinierten. Die für das Quartier charakteristischen Stützmauern mit Terrassen prägen und begrenzen den Aussenraum. Blütenbänder durchziehen die Kiesfläche des Platzes und erinnern an das ehemalige Bahntrassee zum Hauptbahnhof Bern.

Bilder: Alexander Gempeler

Informationen zum Projekt

Auftraggeber: SBB Immobilien, Bern; Livermore Investments Group Ltd. Zürich
Architektur: Rolf Mühlethaler, Bern
Auftragsart: Wettbewerb 2005, Realisierung 2008
Besichtigung: Wylerplatz und SBB-Restaurant zugänglich (Öffnungszeiten SBB-Restaurant: Montag bis Freitag, 7–16 Uhr)

Situationsplan, Wylerquartier entlang der Bahnlinie Bern–Olten.

Zwei massiv gebaute Geschosse dienen der Arbeitsnutzung und bilden den Sockel für den vorgeschobenen Baukörper mit den Wohnflächen.

Wylerpark Fassade Südwest

Fassadenansicht Südwest.

Pläne: Rolf Mühlethaler

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