Chile leidet derzeit unter einer grossen Wohnungsnot. Abhilfe schaffen könnten Siedlungen mit schrittweise ausbaubaren Häusern, modular aus Betonelementen zusammengefügt. Unidad de Servicio Basicos (USB) heisst der Ansatz des chilenischen Architekturbüros Elemental dafür.

Der Ansatz basiert auf einer inkrementellen Lösung.

Visualisierungen: Elemental

Wie viel von Beginn weg geliefert wird und welche Teile von der Bewohnerschaft später selbst ausgebaut werden, hängt vom einzelnen Projekt und vom Bauträger ab.

Victor Oddó, Elemental

Inkrementell – also schrittweise – heisst die Zauberformel des Architektur- und Planungsbüros Elemental aus Chiles Hauptstadt Santiago. Unter Leitung des Architekten Alejandro Aravena machte das Büro ab 2004 Furore mit einfachen Wohnhäusern, die von ihren Bewohnern nach und nach in Eigenleistung fertig ausgebaut werden konnten. Realisiert wurden solche Projekte in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern, darunter Chile und Mexico. Für sein Engagement im sozialen Wohnungsbau erhielt Aravena 2016 den Pritzker-Preis.

800 informelle Siedlungen

Aktuell plant Elemental mit der chilenischen Wohnbaubehörde MINVU und der Stiftung TECHO ein ähnlich gelagertes Projekt. Grund dafür ist die grassierende Wohnungsnot in Chile. Wohnen ist teuer, das Einkommen eines Grossteils der chilenischen Bevölkerung aber sehr tief. Im Jahr 2020 fehlten gemäss Erhebungen des Staates eine halbe Million bezahlbare Wohnungen. Die Pandemie hat das Problem nochmals verstärkt. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum führt immer häufiger zur Besetzung von Grundstücken, auf denen dann behelfsmässige Unterkünfte errichtet werden. Gemäss einem Bericht der «Deutschen Welle» leben in Chile aktuell mehr als 100’000 Menschen in 800 sogenannten Campamentos. Gemäss Erhebungen der Fachleute von Elemental dauert es derzeit sechs Jahre bis eine Familie ein dauerhaftes Zuhause bekommt. Das Büro hat noch ein weiteres Problem ausgemacht: Die oft primitiven Lösungen, mit denen sich die Leute selbst helfen, verlieren rasch an Wert, wodurch sich auch das Vermögen der Betroffenen reduziert.

Startpaket mit 48 Quadratmetern

Die Lösung von Elemental heisst Unidad de Servicios Basicos (USB) – Grundeinheit mit Basisausstattung. Der Ansatz basiert – wie schon bei früheren Projekten – auf einer inkrementellen Lösung. Die Basiseinheit bietet eine Wohnfläche von 48 Quadratmetern und umfasst ein Wohn- und Esszimmer mit Küche im Erdgeschoss sowie ein grosses Schlafzimmer mit Bad im Obergeschoss. Das Schlafzimmer kann später in zwei Räume unterteilt und im Dachgeschoss können zwei weitere Schlafzimmer realisiert werden. Im Endausbau resultieren 77 Quadratmeter Wohnfläche. Die USB besteht aus vorgefertigten Betonmodulen für Boden, zwei Seitenwände und Dach, die innert kurzer Zeit montiert werden können. Ausfachungen – beispielsweise aus Holz – bilden die restlichen beiden Fassaden. «Wie viel von Beginn weg geliefert wird und welche Teile von der Bewohnerschaft später selbst ausgebaut werden, hängt vom einzelnen Projekt und vom Bauträger ab», sagt Víctor Oddó von Elemental. Noch existiert erst ein Prototyp der USB, aber noch ist kein Projekt für eine Umsetzung im grösseren Massstab spruchreif. Im Idealfall könnten mit der Idee in Chiles Städten mehrere 10 000 Wohneinheiten pro Jahr hochgezogen werden. Sie böten eine gute Grundausstattung mit sanitären Anlagen und die Möglichkeit, innerhalb der in Modulbauweise erstellten Hülle Schritt für Schritt – in Eigenleistung oder mit bezahlten Handwerkern – zusätzlichen Wohnraum zu realisieren.

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