Das neue Schulungsgebäudes der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammmenarbeit (GIZ) GmbH in Bonn (D) besteht aus Raummodulen, die auf einem einheitlichen Raster aufbauen. Als Tragstruktur dient ein Holzskelett, das extra dafür entwickelt wurde.

Bilder: Thilo Ross Fotografie, Heidelberg

Die beiden Formate des Rasters entstanden aus den gewünschten Raumgrössen heraus.

Professor Felix Waechter > Interview

Wie ein kleines Dorf mit dicht beieinander stehenden Holzbauten wirkt der Campus der Akademie GIZ in Bonn (D) auf den ersten Blick. Die kleinteilige Dachlandschaft unterstreicht die Illusion. Doch der Eindruck täuscht: Hinter dem potemkinschen Dorf befindet sich ein hochmodernes zweigeschossiges Schulungsgebäude mit gut 6200 Quadratmetern Geschossfläche. Dort erwerben Mitarbeitende von weltweit tätigen , deutschen Entsendeorganisationen (von Goethe Institut über Bundeswehr und Auswärtiges Amt bis Brot für die Welt) das Rüstzeug für den Einsatz im Ausland. Dabei setzt das Institut auf modernste Formen der Didaktik. Beispielsweise arbeiten die Kursteilnehmer oft im Selbststudium in Gruppen oder können in Zweierteams auf ausgeschilderten Spaziergängen durch das benachbarte Naturschutzgebiet Kottenforst ihr Wissen erweitern. Das didaktische Konzept bildete auch die Grundlage für das Raumprogramm des 2017 neu erstellten Schulungsgebäudes. Die Akademie der GIZ wollte möglichst keine klassischen Seminarräume, aufgereiht entlang von Korridoren, sondern wünschte sich flexibel nutzbare, offene Lernlandschaften.

Baukastensystem fürs Holzskelett

Der zweigeschossige Neubau von Waechter + Waechter Architekten aus Darmstadt ist speziell auf diese Form der Wissensvermittlung ausgerichtet. Er beherbergt unterschiedlich nutzbare Trainingsräume sowie die preisgekrönten Lernstationen der Akademie – einen Erlebnis-Parcours, der für Themen der interkulturellen Zusammenarbeit sensibilisiert. «Durch die neuen, agilen Lernmethoden und interaktiven Lernstationen können wir die Teilnehmenden noch umfassender als zuvor und physisch sowie wie geistig auf ihren neuen Lebensabschnitt vorbereiten», sagt Anna Halfmann, die bei der Akademie der GIZ für die Kommunikation verantwortlich ist. Ein Ergebnis, das sich vor allem auf die offene und angenehme Lern-, Wohn-, und Freizeitatmosphäre auf dem neugestalteten Campus zurückführen lasse.

Das Rückgrat des Gebäudes bildet eine filigrane, lineare Tragstruktur, durch die ein einheitliches Raster mit Raummodulen entsteht. Konstruiert ist die Struktur als Holzskelett. Es basiert auf einem Flächenraster von 5,25 mal 5,25 Metern und 5,25 mal 3,5 Metern. «Die beiden Formate entstanden aus den gewünschten Raumgrössen heraus, erwiesen sich zum Glück aber auch bezüglich der Spannweiten als wirtschaftlich», sagt Architekt Felix Waechter (siehe auch Interview). Die Verwendung von Holz ist kein Zufall: Ein möglichst kleiner ökologischer Fussabdruck beim Bau und Betrieb des Gebäudes war der GIZ wichtig. Das entspricht auch dem Gold-Standard der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB).

Die modulare Skelettkonstruktion wurde extra für das Gebäude entwickelt.

Entwickelt wurde das gitterförmige Holztragwerk zusammen mit den Ingenieuren von Merz Kley Partner aus Dornbirn (A). Der Baukasten dafür besteht aus verleimten Holzträgern als horizontale Komponente, einer viereckigen Holzstütze für die Abtragung der vertikalen Lasten sowie aus stählernen Knotenelementen. Die Stützen dienen auch als Steigzonen für Wasserrohre und Elektroleitungen. Um Räume abzutrennen, ist das Holzskelett zum Teil mit nichttragenden Wänden oder Scheiben ausgefacht. Auf den horizontalen Holzträgern über dem Erdgeschoss liegen als Hohlkasten ausgebildete Deckenelemente. Sie sind auf der Unterseite perforiert und im Innern gedämmt, sodass sie eine Akustikdecke bilden. Darüber ist ein Hohlboden installiert. In ihm verlaufen alle horizontalen Leitungen und die Lüftungskanäle. Den Bodenabschluss im darüberliegenden Raum bildet ein Terrazzobelag, der mit seiner Masse als Klimapuffer dient. Stützen, Träger und Hohlkastenelemente wurden im Werk vorgefertigt und auf der Baustelle zusammengefügt – Gleiches gilt für das Dach.

Das Konstruktive im Detail.

Bilder: Merz Kley Partner

Geschickt kaschierte Grösse

Das Dach liegt auf den Holzträgern über dem ersten Obergeschoss und ist ebenfalls als Hohlkastenelement ausgebildet. Die Dachfläche jedes Elements bildet dabei einen dreiseitig geneigten flachen Giebel, der auf einer Seite eine verglaste Öffnung aufspannt. Dadurch entsteht eine dreidimensionale, pyramidenförmige Dachlandschaft. Sie bildet die Rasterstruktur des Gebäudes nach aussen ab, bringt Licht in tiefere Gebäudebereiche, löst das grosse Volumen des Gebäudes auf und schafft so den Bezug zu den kleinteiligen Bauten in der Nachbarschaft. Dazu trägt auch die gezackte Grossform des Baus bei. Sie kaschiert das Volumen des rund 75 Meter langen und 40 Meter breiten Baukörpers und verzahnt ihn zugleich mit dem Grünraum. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die Einbettung des Erdgeschosses in eine mit sanften Hügeln modellierte Umgebung und durch die unterschiedliche Materialisierung der beiden Stockwerke: Das mit vertikalen Holzlamellen versehene Obergeschoss scheint so über dem mit Glas glatt ausgebildeten Erdgeschoss zu schweben.

Das Gebäude spiegelt das didaktische Konzept der Akademie wieder.

Das Innere des Gebäudes gruppiert sich um zwei Innenhöfe. Direkt an diese grenzen in beiden Stockwerken offene Lernzonen an. Die äussere Schicht bilden die entlang den Fassaden angeordneten Seminar- und Büroräume. Sie bieten aufgrund der mehrfach abgeknickten Fassade Ausblicke in verschiedene Richtungen. Vier Treppenhäuser sorgen für die vertikale Erschliessung. Ergänzt wird das Raumangebot durch eine Cafeteria im Erdgeschoss sowie eine unterirdische Parkgarage. Durch die weiss lasierte, hölzerne Struktur, den ebenfalls hellen Terrazzoböden und die zahlreichen Fenster sowie Oblichter bietet das Gebäudeinnere eine einladende und lichtdurchflutete Lernumgebung.

Dass Waechter + Waechter ihren Entwurf auf das didaktische Konzept des Campus ausrichteten, überzeugte nicht nur die Jury im Rahmen des Architekturwettbewerbs, sondern bewährt sich auch im Alltag: «Die Atmosphäre im Campus spiegelt seine Umgebung wider: hell, warm, frisch – eine ideale Voraussetzung, um das Gelernte zu vertiefen oder einfach mal komplett abzuschalten», sagt Anna Halfmann von der GIZ.

Dass die Umsetzung gelungen ist und das Projekt Vorbildcharakter für andere Bildungsbauten haben könnte, zeigen auch die zahlreichen Preise, die es in den letzten Jahren erhalten hat. Dazu gehören etwa die Anerkennung zum «Deutschen Architekturpreis» oder zum «Deutschen Holzbaupreis».

Lageplan, Grundriss EG, Grundriss OG, Schnitt, Ansicht Ost, Ansicht Nord.

Pläne: Waechter + Waechter Architekten BDA, Darmstadt

Projektdaten

Campus Kottenforst, Bonn-Röttgen (D)

Bauherrin: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, Bonn (D)
Architektur: Waechter + Waechter Architekten BDA, Darmstadt (D)
Auftragsart: Wettbewerb
Bauleitung: Waechter + Waechter Architekten BDA, Darmstadt (D) mit ap88 Architekten Partnerschaft mbB, Heidelberg (D)
Bauingenieur: Merz Kley Partner ZT GmbH, Dornbirn (A)
Holzbau: Grossmann Bau GmbH & Co. KG, Rosenheim (D)

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