ALHO gehört zu den bekanntesten Herstellern von Modulbauten in Europa. Seit 2001 produziert das Unternehmen auch im luzernischen Wikon. Im Gespräch mit modulart zeigt Christian Käser, Geschäftsführer von ALHO Schweiz, wie sich die Firma hierzulande positioniert und welche Zukunftschancen der Modulbau hat.

Die ALHO Systembau AG ist ursprünglich ein deutsches Unternehmen, hat aber 2001 ein Werk im luzernischen Wikon gebaut. Warum dieser Schritt in die Schweiz?
Christian Käser: Der Eintritt in den Schweizer Markt erfolgte eigentlich bereits 1978 – gut zehn Jahre nach Gründung des Unternehmens in Deutschland. Schon damals hatte ALHO ein Verkaufsbüro in der Schweiz. Zuerst wurden hierzulande vor allem Bauwagen verkauft. Im Jahr 2000 entschied die Eigentümerfamilie aus strategischen Gründen, ein Werk in der Schweiz zu bauen. Mit einem eigenen Produktionswerk ist die Umsetzung landesspezifischer Vorschriften bedeutend einfacher. Zudem können wir unserer Kundschaft ganz andere Serviceangebote machen, und die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern wird einfacher.

Wurden im Werk Wikon von Beginn weg Modulbauten produziert?
CK: Nein, zu Beginn lag der Fokus vor allem auf Containerlösungen. Damals standen beispielsweise die Ausschreibungen für die provisorischen Unterkünfte auf den Neat-Baustellen an, die wir grösstenteils für uns entscheiden konnten. Im gleichen Zeitraum erstellten wir mehr als 600 Container und weitere Infrastrukturbauten für die Expo 2002. Nach und nach erfolgte dann der Wechsel vom Container- zum Modulbau. Heute produzieren wir im Werk beide Produktlinien. Ausserdem fertigen wir immer mal wieder auch Module für den Einsatz in anderen Ländern, weil wir in Wikon eine hohe Kompetenz in der Schweisstechnik haben: So stammen etwa die meisten Modulbauten der ALHO-Gruppe für Luxemburg aus unserem Werk.

Die Module von ALHO bestehen traditionellerweise aus einem ausgefachten Stahlrahmen. Werden Sie dies künftig beibehalten oder ist ein Umstieg auf Holz als Werkstoff denkbar?
CK: ALHO wird den Trend zum Holzbau aufnehmen, bereits bestehende Produktlinien aber weiterverfolgen. Unser Ansatz ist nicht eine Monomaterialkultur, sondern ein Einsatz der Materialien mit Blick auf ihre Stärken. Derzeit entwickeln wir Module, die grösstenteils aus Holz bestehen. Einzig bei der Rahmenkonstruktion werden wir wegen der optimalen konstruktiven Eigenschaften bei Stahl bleiben – Wände, Decken und Böden hingegen sind komplett aus Holz. Ein erstes solches Modul wurde in Grenchen für die Migros als Prototyp des VOI-Cube-Shops aufgestellt – einen begehbaren Verkaufsautomaten ohne Personal, der täglich rund um die Uhr geöffnet ist.

Was hat ALHO zum Umstieg auf Holz bewogen?
CK: Das Material liegt im Trend, ist ökologisch und bietet ein ausgesprochen gutes Raumklima. Interessant ist aber auch, dass die Produktion mit Holz einfacher industrialisiert und automatisiert werden kann.

Werfen wir einen Blick auf die Modulbaubranche generell. Wie hat sich der Stellenwert von Modulbauten aus Ihrer Sicht in den letzten 20 Jahren verändert?
CK: Vor 20 Jahren hatten Modulbauten, ähnlich den Containerlösungen, das Image des Provisoriums. Das hat sich massiv gewandelt. Heute werden Modulbauten als vollwertige Lösung mit einer hohen Dauerhaftigkeit gesehen. Zum Teil stuft man sie sogar hochwertiger ein als klassische Gebäude, weil nur modulare Bauten während der Nutzungszeit sich verändernden Bedürfnissen angepasst werden können. Ob aufstocken, rückbauen, wiederverwenden oder umnutzen, dies alles und vieles mehr ist mit einem modularen Konzept möglich.

Eine Spezialität von ALHO sind Gesundheitsbauten. Wo liegen bei diesem Bautypus die besonderen Herausforderungen?
CK: Gesundheits- wie auch Laborbauten sind aufgrund hoher Nutzeransprüche herausfordernde Bauwerke. Gerade in diesen Bereichen kann der Modulbau viele Zusatzvorteile bieten. Sei es die hohe Vorfertigung mit kurzer Bauzeit vor Ort oder die Möglichkeit, Gebäude anpassen zu können. Zu den Vorteilen zählt auch die integrierte Planung, die dem Bauherrn die Nutzungszeit bedeutend vereinfacht, da seine Wünsche optimal berücksichtigt werden können. Nur mit einer Vorfertigung ist jene Präzision möglich, die BIM aus meiner Sicht bietet. Ich denke dabei nicht nur an Rotationsflächen wie beim Unispital Zürich, sondern auch an fixe Bauten wie beim St. Anna-Spital. Die Echos vieler Architekten, die mit der modularen Bauweise arbeiten oder diese prüfen, bestätigen unsere Sicht der Dinge.

Welche Vorurteile gegenüber Modulbauten hören Sie immer wieder?
CK: Das wesentlichste Vorurteil ist die Vermutung, dass die architektonischer Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt seien. Sie ist in den meisten Fällen falsch. Richtig ist, dass serielle Überlegungen gemacht werden müssen. Weiter ist die Frage der temporären Nutzung ein oft erwähnter Punkt. Die häufig gehörten Begriffe «Providurium» und in der Schweiz auch «Durisorium» umschreiben dies gut. Ganz grundsätzlich bietet die Modulbauweise skalierbare Ausführungen. Damit kann eine Gebäudenutzung von wenigen Jahren bis zu 50 Jahren geplant werden. Im Vergleich dazu werden konventionelle Gebäude für eine Nutzungsdauer von 40 Jahren konzipiert. Es geht also eigentlich nicht um die Nutzungsdauer, sondern vielmehr um die fehlende Skalierbarkeit von konventionellen Bauten.

Apropos Vorurteile: Die oft durchschnittliche Architektur von Modulbauten wird gerne kritisiert. Welchen Stellenwert hat die Gestaltung der Bauten für ALHO, und arbeiten sie dabei auch mit renommierten Architekturbüros zusammen?
CK: Die Zusammenarbeit mit Architektinnen und Architekten und damit auch die Gebäudearchitektur hat für ALHO einen ausserordentlich grossen Stellenwert. In der Entwicklung des modularen Bauens wurde viel zu lange mit standardisierten optischen Elementen gearbeitet. Die heutige Herangehensweise basiert auf seriellen und industriell hergestellten Gewerken. Mit dieser konstruktiven Haltung sind bei der Materialisierung und Anwendung von Systemen sind nahezu alle Möglichkeiten offen. ALHO wird zudem in naher Zukunft die Zusammenarbeit mit renommierten Architekturbüros weiter ausbauen. Dies ist ein wichtiges Element unserer neuen strategischen Ausrichtung und der weiteren Entwicklung des modularen Bauens.

ALHO hat hierzulande vor allem Büro-, Labor- und Gesundheitsbauten realisiert. Wo werden Sie sich künftig positionieren?
CK: Ein Fokus liegt bei uns derzeit auf Wohngebäuden. In Deutschland realisieren wir solche Bauten schon länger, und hierzulande spüren wir ebenfalls eine zunehmende Nachfrage dafür. Gerade im Bereich des preisgünstigen Wohnungsbaus besteht Nachholbedarf. Da kann der Modulbau durch die einfache Reproduzierbarkeit helfen, Kosten zu sparen. Ein zweites Segment, das wir forcieren, sind vorgefertigte Rohbauten. Dabei liefern wir nicht das komplette Gebäude, sondern produzieren Rohbaumodule. Damit möchten wir die modulare Bauweise der gesamten Bauwelt zugänglich machen. Das Baugewerbe versucht seit vielen Jahren vergeblich, die Produktivität nachhaltig zu erhöhen. Man stelle sich nun vor, der Rohbau und die Gebäudehülle würden parallel zur Tiefgarage hergestellt und könnten innert wenigen Tage genutzt werden. Oder die gesamte Baulogistik würde in Form von Raummodulen realisiert, und es erfolgten nahezu keine Zulieferungen mehr auf die Baustelle. Für mich sind dies die Ansätze, die uns im Bauen weiterbringen werden.

Sie haben ein Stück weit aufgezeigt, wohin der Weg von ALHO führt. Welchen Stellenwert wird der Modulbau künftig haben?
CK: Ich bin überzeugt, dass das dreidimensionale Vorfertigen mit seriellen Überlegungen massiv an Bedeutung gewinnen wird. Die Treiber dazu werden neben Kosten auch Ökologie, Ressourcenschonung, Prozessoptimierung und Digitalisierung sein. Hier sind hochpräzise Modulbauten die logische Fortsetzung zur Planung mit BIM. Denn nur mit dieser Bauweise lassen sich Planung und Produktion über Schnittstellen koppeln. Erst dann können wir das Bauen wirklich weiterbringen und übrigens auch die Attraktivität von Arbeitstellen im Baugewerbe deutlich verbessern.

Christian Käser (53) ist seit 2019 Geschäftsführer der ALHO Systembau AG in Wikon (LU). Er baute von 2000 bis 2004 das Werk auf und leitete es in dieser Zeit auch. Zwischenzeitlich war er Geschäftsführer in verschiedenen anderen Firmen. Käser ist Bauingenieur HTL und verfügt über ein Nachdiplom als Wirtschafsingenieur.

ALHO wurde 1967 im deutschen Friesenhagen gegründet, zuerst als Hersteller von Bauwagen, ab 1971 dann auch als Produzent von Raumcontainern und Gebäudemodulen. Das Raumcontainergeschäft wurde 1980 in die Tochtergesellschaft FAGSI ausgelagert. Bereits 1978 eröffnete ALHO auch ein Verkaufsbüro in der Schweiz. ALHO zählt heute europaweit zu den führenden Anbietern von modularen Raumlösungen

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