Der in die Jahre gekommene Unterkunftstrakt des Sportzentrums Kerenzerberg wurde durch einen grösseren, achtgeschossigen Neubau ersetzt. Hinter dessen Sichtbetonfassade steckt ein Innenleben aus 77 vorfabrizierten Holzmodulzimmern.

Fotos: Roger Frei, Zürich

Schnitt: Burkard Meyer Architekten

Das Sportzentrum Kerenzerberg im glarnerischen Filzbach wurde 1971 eingeweiht. Nachdem es schon seit Längerem an seine Kapazitätsgrenzen gestossen war, entschieden sich die Betreiber für umfassende Erweiterungs- und Instandsetzungsarbeiten. Um der grossen Nachfrage nach Sport- und Sportmedizinangeboten sowie Unterkünften gerecht zu werden, wurden neben einer neuen Dreifachsporthalle ein Werkhof, diverse Theorie-, Gemeinschafts-, Regenerations-, und sportmedizinische Räume sowie ein Ersatzneubau für den Unterkunftstrakt geschaffen. Gleichzeitig war es das Ziel, die Abläufe im Gebäudekomplex zu optimieren: So entstanden direkte Verbindungen zwischen den einzelnen Nutzungsbereichen und die Besucherwege wurden von den Betriebsabläufen getrennt. Pünktlich zum 50-Jahr-Jubiläum im Herbst 2021 war das neue und erweiterte Sportzentrum Kerenzerberg bezugsbereit.

Weiterentwicklung festlegen

In Planung ist die bauliche Weiterentwicklung des Zentrums schon seit vielen Jahren. Bereits 2009 hatte ein strategischer Workshop zu den angestrebten Um- und Erweiterungsmassnahmen stattgefunden. Um diese zu konkretisieren, war 2014 ein Projektwettbewerb ausgelobt worden. Burkard Meyer Architekten aus Baden überzeugten die Jury mit ihrem Entwurf zweier präziser städtebaulicher Interventionen, mit denen eine umfassende Klärung der Gesamtanlage gelingt – sowohl ober- als auch unterirdisch. Die Setzung der beiden Neubauten integriert sie geschickt in die bestehende Bausubstanz und wertet die Gesamtanlage städtebaulich auf.

Städtebauliche Klärung

Einer der inzwischen fertiggestellten Neubauten ist der achtgeschossige, durch einen eingeschossigen Flachbau an das bestehende Haupthaus angebundene Unterkunftstrakt. Er fällt deutlich grösser aus, als sein Vorgänger und ist für rund 5000 zusätzliche Logiernächte pro Jahr ausgelegt. Der neue Trakt ergänzt die prägnante Silhouette der bestehenden Gebäude als baulicher Akzent an der Hangkante. Dies ermöglicht gleichzeitig eine räumliche Aufwertung der Anlage im rückwärtigen Bereich, indem dort ein klar gefasster Aussenraum entsteht. Gestaltet wird der zentrale Platz auch von einzelnen, locker gesetzten Baumgruppen. Die Neubauten treten als Betonkörper in den Dialog mit den ebenfalls in Beton ausgeführten Bestandsbauten. Eine klärende Wirkung haben nicht nur die oberirdischen, städtebaulich wirksamen Eingriffe. Darüber hinaus überzeugt das Projekt auch im Umgang mit dem Untergeschoss – dem eine wichtige Funktion zuteil wird: Dort werden die verschiedenen Nutzungen der Anlage miteinander verbunden. Zwei Lichthöfe ordnen die Struktur der neuen Gemeinschafts- und Theorieräume und bringen zugleich Tageslicht in die Tiefe des Gebäudes. Als Pendant dazu werden im Bereich der Sporthallen zwei weitere Lichthöfe gesetzt, welche an der Schnittstelle von Alt- und Neubau Tageslicht spenden. Durch die Setzung der beiden neuen Programmteile wird das Untergeschoss zu einem Ort räumlicher und sozialer Vernetzung, welcher Bestand und Neubauten zur gewünschten Einheit verbindet.

Holzmodule im Unterkunftsbau

Atmosphärisch erinnert das zurückhaltend gestaltete Unterkunftsgebäude an eine einfache, gemütliche Herberge. Hinter der Sichtbetonfassade steckt ein komplett aus Holz bestehendes Innenleben. Es besteht aus 77 vorfabrizierten Holzmodulzimmern – fünf verschiedenen Zimmertypen mit zwei- und drei Betten, mit eigenem WC und Dusche oder Etagendusche sowie invalidengerechten Zimmern. Die Konstruktion besteht aus mit CLT Brettsperrholz verleimten Massivholztafeln. Für den Innenausbau wurden Dreischichtplatten verwendet. «Wir haben auf grosszügige Vorlaufzeiten in der Planung geachtet, damit alle Fräsungen in die Holzplatten vorab vorgenommen und die Installationen eingebracht werden konnten», sagt Projektleiter Urs Riniker von Burkard Meyer Architekten. Die im Werk produzierten Holzmodule (ERNE AG Holzbau) wurden vor Ort mit einem Spezialkran in die Betonschale gelassen und aufeinandergestapelt. Ein Teil des Steigschachtes wurde offengelassen, um Haustechnikleitungen zusammenführen zu können. Die Zimmer verfügen über keine Zwischenböden, sondern nur über Steigzonen für technische Anlagen, Wasser, Luft und Leitungen. Hier kommt eine intelligente Gebäudeautomation zum Tragen, zu der beispielsweise Sensoren gehörten, mit denen die Luftfeuchtigkeit und Feuchtigkeit in der Dämmung gemessen und bei Überschreiten ein Alarm ausgelöst wird.

Ökologische Mischbauweise

Die angewandte Kombination von Beton­ und Massivholzbau überzeugt in ökologischer und ökonomischer Hinsicht. Der Ressourcenaufwand für die Erstellung der Dreifachturnhalle und des Unterkunftstrakts konnte niedrig gehalten werden. Beide Gebäudekörper sind kompakt und die gewählte Mischbauweise mit einer äusseren, sich selbst tragenden Sichtbetonfassade erfüllt mit seinem Dämmstandard die Minergie­P­Anforderung. Eine sehr günstige Gebäudehüllzahl, kaum Wärmebrücken, ein angemessener Fensteranteil und ein funktionstüchtiger sommerlicher Wärmeschutz im Unterkunftstrakt boten eine gute Ausgangslage für die Umsetzung der Anforderungen. Gleichzeitig stellte die innovative Konstruktion aber auch eine Herausforderung für den Bauablauf dar. «Die Schnittstelle von Modulbau und Bauen vor Ort musste reibungslos funktionieren», sagt Urs Riniker. «Das war relativ komplex und hat viel Aufmerksamkeit gebraucht. Doch es hat sich gelohnt!».

Fotos: Markus Baerschi, Zürich

Wir haben auf grosszügige Vorlaufzeiten in der Planung geachtet, damit alle Fräsungen in die Holzplatten vorab vorgenommen und die Installationen eingebracht werden konnten

Urs Riniker, Burkard Meyer Architekten

Lesen Sie weiter im Interview mit Urs Riniker.

Projektinformationen

Besteller: Sicherheitsdirektion Kanton Zürich, Zürcher Kantonalverband für Sport
Nutzer: Zürcher Kantonalverband für Sport
Architektur: Burkard Meyer Architekten BSA ETH SIA AG
Holzmodule: ERNE AG, Laufenburg
Bauzeit: Dezember 2018 bis November 2021

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