Schlicht, elegant und modern – die kleinen modularen Fertighäuser der Architekten Delavegacanolasso aus Madrid setzen einen gestalterischen Kontrapunkt zu den sonst oft eher rustikal daher kommenden Tiny Houses.

Das Grundmodul der Tini-Living-Häuser ist 3 Meter breit, 2,9 Meter hoch und zwischen 5,6 Meter (XS) und 11,3 Meter (M) lang

Fotos: Paco Marín

Am Anfang standen Kundenerwartungen, am Ende Tini – ein modulares Hauskonzept mit maximaler Kostentransparenz. Vor fünf Jahren war das Architektenduo Pilar Cano-Lasso und Ignacio de la Vega aus Madrid bei mehreren Wohnbauten mit Kunden konfrontiert, die schon während des Baus auf den Euro genau wissen wollten, was ihr Projekt am Schluss kosten würde. «Diesen Wunsch konnten wir bei einer klassischen Abwicklung nicht erfüllen», sagt Ignacio de la Vega. So entstand zusammen mit dem Unternehmer Ricardo de Zulueta die Idee für das Fertighaus Tini Living. Das Konzept: Die Kundinnen und Kunden wählen – so wie man es auch vom Auto kennt – online alle Komponenten ihres künftigen Hauses aus und sehen sofort, wie viel es kosten wird. Dabei haben sie die Wahl zwischen sechs Basistypen von XS bis 3M und Wohnflächen zwischen 13 und 91 Quadratmetern. Mit wenigen Mausklicks können die Oberflächen sowie die Ausstattung gewählt und der Endpreis – ohne Fundation und Grundstück – ermittelt werden.

Vom Zweit- zum Erstwohnsitz

Das Tini-Living-Team lancierte die Website mit dem Hauskonfigurator im März 2020, just als die Corona-Krise begann. Der damit verbundene Trend zum kleinen Refugium auf dem Land befeuerte den Start des jungen Unternehmens. Das erste Objekt wurde sechs Monate nach dem Launch der Website bezogen. «Zu Beginn gingen die Tinis vor allem an Architektinnen und Designer, die sie als Ferienhaus nutzen», sagt Architekt de la Vega. Drei Jahre nach dem ersten Haus stehen in Spanien, Portugal und Nordeuropa 25 Einheiten, 45 weitere – darunter auch in den USA – werden bis Ende 2024 dazukommen. «Gekauft werden die Häuser unterdessen in erster Linie von Ehepaaren mittleren Alters als Hauptwohnsitz», sagt de la Vega. Gegen achtzig Prozent von ihnen wohnen dauerhaft in ihrem Tini-Living-Haus, oft etwas ausserhalb der grossen Zentren mitten in der freien Natur. «Das ist relativ einfach möglich, weil das Haus auf Wunsch fast autark betrieben werden kann», sagt Ignacio de la Vega. Möglich machen dies eine Solaranlage mit Batteriespeicher, ein Holzofen sowie ein Wasser- und Abwassertank.

Ab 36 000 Euro

Die Architektur der Tini-Living-Häuser ist schlicht und orientiert sich ein Stück weit an den amerikanischen Case-Study-Houses. Wie diese haben sie eine filigrane Struktur und grosse verglaste Bereiche. Basis der sechs Häuser bildet ein modulares System. Das Grundmodul ist 3 Meter breit, 2,9 Meter hoch und zwischen 5,6 Meter (XS) und 11,3 Meter (M) lang – dank diesen Massen können die Module einfach transportiert werden. Die Grundfläche reicht beim kleinsten Modell für einen kombinierten Wohn- und Schlafbereich, eine kleine Nasszelle und eine Teeküche, bei den grösseren Einheiten steigt das Komfortlevel entsprechend. Das grösste Modell 3M besteht aus drei nebeneinander stehenden Modulen vom Typ M und hat ein separates Schlafzimmer. Gefertigt werden die Tini-Living-Häuser in Spanien. Das Gerüst besteht aus Stahl und wird in der preiswertesten Grundvariante aussen mit galvanisiertem Wellblech verkleidet respektive teilweise verglast. Die inneren Oberflächen bestehen aus Gipskarton, dazwischen liegt eine 16 Zentimeter dicke Dämmung aus rezykliertem PET. Der Preis für das XS-Haus startet ohne Ausstattung und Haustechnik bei 36 000 Euro, beim Modell S sind es 45 000 Euro. Für Heizung, Küche, Bad und die Solaranlage mit Batterie sind noch einmal gut 22 000 Euro fällig. Die Kosten dafür werden während der Konfiguration automatisch zum Basispreis addiert. Einmal bestellt, kann man bald schon einziehen: Ist das Grundstück vorhanden und liegt die Baubewilligung vor, wird das Tini-Living-Haus innert zwei Monaten produziert und angeliefert.

Das Konzept: Die Kundinnen und Kunden wählen online alle Komponenten ihres künftigen Hauses aus und sehen sofort, wie viel es kosten wird. Dabei haben sie die Wahl zwischen sechs Basistypen von XS bis 3M und Wohnflächen zwischen 13 und 91 Quadratmetern. Mit wenigen Mausklicks können die Oberflächen sowie die Ausstattung gewählt und der Endpreis – ohne Fundation und Grundstück – ermittelt werden.

Tini L

Fotos: Paco Marín

Tini 1M

Fotos: Paco Marín

Tini 2M

Fotos: Paco Marín

Tini S

Fotos: Paco Marín

Projektdaten
Modul-Fertighaus «Tini»

Architektur: Delavegacanolasso, Madrid (E)
Herstellung/Vertrieb: Modular Living SL, Alcobendas/Madrid (E)
Modellgrössen: XS (13m2) bis 3M (91m2)
Preis: ab 36 000 Euro

www.tiniliving.com www.delavegacanolasso.com

KOMMENTAR

Cool, aber auch nachhaltig?

Die Tini-Living Häuser aus Spanien kommen so daher, wie sich Architektur-Interessierte ein Minihaus wünschen würden: sorgfältig gestaltet und ohne heimeligen Schnickschnack. Die Preise sind zahlbar, und die Möglichkeit, das Haus ohne Anschluss an Strom, Wasser und Kanalisation zu nutzen, fasziniert ebenfalls. Kommen die Minihäuser als Ergänzung in dicht besiedeltem Gebiet zum Einsatz – etwa in Hinterhöfen, auf Gartenparzellen oder gar auf einem ungenutzten Dach, können sie eine kluge Ergänzung sein und ein Beitrag zur Verdichtung. Stehen sie hingegen weit draussen in der freien Natur – wie es zumindest die Fotos einiger Tini-Living-Projekte suggerieren –, wirft das Fragen auf. Werden damit sonst unberührte Landstriche besiedelt? Wie viel zusätzliche Mobilität löst ein solches Haus aus? Wäre es nicht sinnvoller, die bauliche Entwicklung auf den bestehenden Siedlungsraum zu fokussieren? In der Schweiz verhindern die Baugesetze eine solche Nutzung weitab bestehender Siedlungen weitgehend. In anderen Ländern bestehen Möglichkeiten dazu – die Fragen bleiben aber dieselben.

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