Statt auf riesige blau-gelbe Gebäude am Stadtrand dürfte Ikea in Zukunft verstärkt auf Filialen in Innenstädten setzen. Angebrochen ist die neue Kaufhaus-Ära bereits an der Wiener Mariahilfer Strasse: Dort darf nämlich nur mitgenommen werden, was sich zu Fuss, per Velo oder ÖV transportieren lässt. Das Gebäude von Querkraft Architekten bietet aber noch viel mehr.

Das Gebäude ist so modular wie ein Regalsystem. Dieses Konzept unterstreicht die Entwurfsidee von Querkraft: ein kompaktes Haus zu erschaffen, das auf die Bedürfnisse seiner Nutzerinnen und Nutzer eingeht, langfristig bespielt werden kann und einen Mehrwert für seine Umgebung darstellt.

Carmen Hottinger, Gesamtprojektleiterin querkraft Architekten

Am Europaplatz, südlich des Wiener Westbahnhofs, erstellten Querkraft Architekten die erste innerstädtische Ikea-Filiale Österreichs. Der Standort bedingte unter anderem ein autofreies Konzept und eine öffentliche Dachterrasse. Gemäss eigenen Aussagen wollte das Architekturbüro mit seinem Entwurf einen Mehrwert für die Umgebung erreichen und bezog sich dabei auf den von Ikea Österreich formulierten Anspruch: «Wir wollen ein guter Nachbar sein.»

Gefragt war vor allem Flexibilität

In der Ikea-Filiale verteilen sich rund 26’000 Quadratmeter Nutzfläche auf sieben Geschosse. Das Gebäude bietet dabei unterschiedliche Elemente der Modularität: einerseits die Fassade – sowohl die Pfosten-Riegel-Konstruktion als auch die verwendeten opaken Fassadenpaneele wurden als Modulelemente flexibel eingesetzt. Andererseits ist auch die Stahltragkonstruktion der Decke mit den Stützen in einem Raster von 10 mal 10 Metern modular. Dieses Grid konnten die Architekten rasch und flexibel an die Forderungen der Bauherrschaft anpassen. Das Gleiche gilt auch für die Gitterrostelemente der Aussenkonstruktion, die für die Pflanztröge an der Fassade gedacht ist.

Die verschiedenen modularen Elemente ermöglichten es neben einer kurzen Bauzeit auch, optimal auf die komplexen Anforderungen und unterschiedlichen Nutzungen – von Retail über Gastro bis zu einem Hostel – einzugehen. Dank der Modularität konnte die Bauherrschaft auch noch zu einem sehr später  Zeitpunkt – sprich: während der Bauphase – die Fassade optimieren und bis zuletzt geschlossene und verglaste Paneele nach freier Wahl verteilen.

Und Nachhaltigkeit

Wie ein Regal legt sich ein rund 4,5 Meter tiefer Fassadenbereich um das Gebäude. Teils geschlossene, teils offene Rastermodule ermöglichen hier Raumerweiterungen und bieten Platz für Terrassen, Lifte, Fluchttreppen, Haustechnik und Begrünungen. Grundelement der Fassadengestaltung sind Bäume in grossen Kübeln, die unterschiedlich gruppiert wurden und den vom Unternehmen selbst propagierten Stellenwert der Nachhaltigkeit symbolisieren sollen.

Neben typisch schwedischen Baumarten, die für die Herkunft des Einrichtungshauses stehen, wurden überwiegend heimische Pflanzen wie Schwarzkiefern, Birken und Ahorn gepflanzt. Insgesamt 160 Bäume sind auf den Fassadenebenen und der Dachterrasse verteilt. Sie sollen das Mikroklima der Umgebung spürbar beeinflussen: Computersimulationen ergaben eine Temperatursenkung von 1,5 Grad Celsius an Hitzetagen. Biodiversität, Bäume für ein besseres Stadtklima, emissionsfreie Lieferungen und eine ultra-effiziente Wärmepumpe – es fehlt kaum eine Massnahme gegen den Klimawandel, die das schwedische Unternehmen hier nicht abdecken will.

Visualisierung und Pläne: querkraft

Projektdaten

Ikea Wien, Mariahilfer Strasse, Wien, 2021
Bauherrschaft: Ikea Österreich
Architektur: querkraft Architekten, Wien
Grösse (BGF/NNF): 29 480 m2 / 26 000 m2 (Gesamtgebäude)

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