Seit Sommer 2021 realisieren die Holzbauspezialisten von Blumer Lehmann als Totalunternehmer und Bauart Architekten in Winterthur neue Schulmodulbauten vom Typ Modular-W. Der neue Typ erweitert die über die Jahre gewachsene Modular-Familie von Bauart mit einem flexiblen auf die Winterthurer Bedürfnisse zugeschnittenen System. Wie die im letzten Jahr in Bern vom gleichen Team realisierte modulare Schule in Brünnen bei Bern, sind auch die Winterthurer Bauten mit einem effizienten Lowtech-System für Heizung und Lüftung ausgestattet.

Fotos: Jan Thoma

Die Stadt Winterthur wächst. Wohnten vor zwanzig Jahren noch 92’000 Menschen in der Stadt, waren es Ende 2021 bereits 117’000. Unter den Neuzuzügern sind nicht wenige junge Familien. Entsprechend hat sich auch die Zahl der Volksschulkinder entwickelt. Allein in den letzten Jahren wuchs diese um gut 2000 an – das entspricht gegen achtzig zusätzlichen Schulklassen. Parallel dazu stiegen auch der Raumbedarf für den Gruppenunterricht und die ausserschulische Betreuung. Um genügend Flächen anbieten zu können, setzt die Stadt einerseits auf neue Schulhäuser sowie die Erweiterung bestehender Anlagen, andererseits auf rasch realisierbare Modulbauten. Diese kommen vor allem dort zum Einsatz, wo sich der zusätzliche Schulraumbedarf kurzfristig ergibt oder wo er nur während einiger Jahre bestehen wird. Von 2012 bis 2018 wurden an acht Standorten Modulbauten einer ersten Generation errichtet.

Drei Modulbauten bis Ende 2022

Seit Sommer 2021 entstehen in Winterthur die ersten Modulbauten der zweiten Generation. Der Auftrag wurde im Rahmen eines Gesamtleistungswettbewerbs vergeben, den das Holzbauunternehmen Blumer Lehmann aus Gossau SG mit dem Entwurf von Bauart Architekten gewonnen hat. Das gleiche Team hat unter anderem auch die modularen Schulbauten vom Typ Züri-Modular in Zürich sowie die 2020 erstellten Pavillons im Berner Stadtteil Brünnen entwickelt.

Letzteres ist mit den Modular-W genannten Modulbauten in Winterthur insbesondere bezüglich Haustechnikkonzept verwandt. Der Rahmenvertrag umfasst sechs Schulprovisorien in der ganzen Stadt Winterthur. Den Anfang machte der im August 2021 fertiggestellte Modulbau beim Schulhaus Langwiesen in Wülflingen, der innert nur sieben Monaten realisiert wurde. Seit Februar steht ein weiterer beim Schulhaus an der Wülflingerstrasse, und bis Ende 2022 folgt derjenige beim Schulhaus Tägelmoos im Osten der Stadt. Für zwei weitere Modulbauten, die ab 2023 realisiert werden könnten, laufen derzeit Machbarkeitsstudien.

Während die Modulbauten in Brünnen spezifisch für den dortigen, auf zwanzig Jahre ausgelegten Einsatz geplant wurden, lässt der Modular-W verschiedenste Konfigurationen zu. Da das Verhältnis von Länge und Breite der Winterthurer Module zwei zu eins beträgt, können diese längs und quer aneinandergefügt werden. Zudem sind Höhen bis zu drei Geschossen möglich und die Module lassen sich gut demontieren und an einem anderen Standort wieder aufstellen. Dank dieser Variabilität ist es einfach möglich auf die Anforderungen am jeweiligen Standort zu reagieren. Diese Individualität zeigt sich bereits bei den beiden realisierten Modulbauten und dem Projekt für den dritten Standort in Winterthur. Während die beiden ersten Modular-W doppelstöckig sind und beidseits der Korridorzone unterschiedlich breite Räume aufweisen, ist der geplante Bau beim Schulhaus Tägelmoos symmetrisch angelegt mit je gleich grossen Räumen beidseits der Erschliessungszone. Zudem wird er vorerst nur eingeschossig ausgeführt, kann später aber aufgestockt werden. Die äussere Optik der Winterthurer Modulbauten gleicht derjenigen in Brünnen: In Winterthur wird die aus senkrecht angebrachten, silbrig schimmernden filigranen Holzlatten durch Lisenen vertikal strukturiert. Grosse, quadratische Fenster mit je zwei seitlichen Lüftungsflügeln bringen viel Licht in die dahinter liegenden Räume. Im Innern dominieren in Winterthur starke Farbtöne, in Brünnen prägt sichtbares Holz die Gang- und Aufenthaltsbereiche.

Lüftung ohne Rohre von Beat Kegel

Für die haustechnische Ausstattung wurde das bewährte Lowtech-Konzept der Pavillons in Brünnen übernommen. Es ermöglicht eine effiziente Energienutzung sowie ein gutes Raumklima. Ein Element dazu bilden in den Brüstungen untergebrachte, hocheffiziente Konvektionselemente. Mit ihnen kann im Winter geheizt und im Sommer gekühlt werden. Die Wärme- und Kältezufuhr erfolgt über eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Den Strom dafür liefern auf den Dächern stehende Photovoltaik-Elemente.

Die Versorgung der Räume mit Frischluft erfolgt einerseits über in die Fassaden integrierte Lüftungsflügel, andererseits über eine mechanische Belüftung. Diese wurde vom Haustechnikspezialisten Beat Kegel (siehe Interview) entwickelt, kommt ganz ohne Rohrleitungen aus und nutzt den Korridor als Zu- und Abluftkanal. Ein Lüftungsgerät mit Wärmetauscher im Technikraum saugt Frischluft von aussen an und bläst sie im unteren Drittel des Korridors ein. Dadurch entsteht am Korridorboden eine kühlere Luftschicht. Verbundlüfter transportieren diese von der Erschliessungszone in die Schulzimmer. Dort erwärmt sie sich, steigt nach oben und wird durch einen leichten Unterdruck in den Deckenbereich des Korridors zurückgesogen, von wo aus sie wieder zur Lüftungszentrale im Technikraum gelangt. Zusätzlich wird die Luft auch in den WCs abgesogen und ebenfalls zum Lüftungsgerät zurückgeführt. Ein simples Lüftungskonzept, das bedarfsgesteuert für frische Luft in den stark genutzten Räumen sorgt und vermehrt auch für andere Nutzungen zur Anwendung kommen wird. Das Wohngebäude NeuRaum in Horw bei Luzern ist ein erstes Beispiel dafür.

Projektdaten

Modular-W, 2021–2023

Bauherrschaft: Stadt Winterthur
Architektur: Bauart Architekten und Planer AG, Bern/Neuchâtel/Zürich
Totalunternehmer: Blumer-Lehmann AG, Gossau
Standorte: Holzlegistrasse 50, Wülflingerstrasse 42, Wurmbühlstrasse 9, Winterthur

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