Heisse Sommer und Hitzeinseln beeinflussen das öffentliche Leben in den Städten zunehmend. Sie beeinträchtigen den sozialen Austausch im Freien und schaden der Gesundheit. Forscher der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (HTA-FR) haben mit der Unterstützung der Stadt Freiburg und dem kantonalen Klimaplan ein originelles Projekt entwickelt, um dem Problem entgegenzuwirken: den modularen Low-Tech-Klimapavillon.

[1-3] Nahaufnahme des Innenraums des Pavillons DEMO-MI2 mit dem Technikmodul und der Innenwand aus porösen Keramiktöpfen links, der Öffnung im Dach für das ablaufende Regenwasser, das am Boden im Sechseck aus Kies aufgefangen wird, und einer der beiden belüfteten Innenbänke rechts. [4-5] Montage des Technikmoduls und des Dachgerüstes. [6] Der DEMO-MI2-Pavillon auf dem Georges-Python-Platz in Freiburg.

Fotos: Raphaël Compagnon

Konstruktionsprinzipien

© HEAI-FR / Stadt Freiburg

Der Klimapavillon DEMO-MI2 haben Mitarbeitende der Institute ENERGY und TRANSFORME der HTA-FR im Rahmen eines angewandten Forschungsprojekts entworfen. Mit Unterstützung der Stadt Freiburg und des kantonalen Klimaplans wurde der Pavillon zwischen 2020 und 2022 an fünf Standorten auf- und abgebaut – allesamt bekannte Hitzeinseln der Stadt. Jedes Mal stiess er in der Öffentlichkeit auf breites Interesse. Die Menschen nutzten dieses aussergewöhnliche Stadtmobiliar ohne zu zögern. Dies sowohl dank seiner ästhetischen Qualitäten als auch dank der wohltuenden Kühle im Innern und den interessanten Erläuterungen der Studierenden, die das Objekt jeden Tag auf Integrität und Sauberkeit überprüften.

Das Projekt DEMO-MI2 ist die Fortsetzung einer Studie, die Marc Vonlanthen, ausserordentlicher Fachhochschulprofessor, im Auftrag der Stadt Freiburg geleitet hat. Sie hatte zum Ziel, die Hitzeinseln der Stadt zu untersuchen und eine Anpassungsstrategie auszuarbeiten. Der DEMO-MI2-Pavillon erfüllt eine doppelte Funktion: Einerseits handelt es sich um eine experimentelle Low-Tech-Einrichtung, die Wissenschaftlern (und Stadtplanern) präzise Daten über deren Auswirkungen auf die Umwelt liefert, andererseits um ein Vorführobjekt für die breite Öffentlichkeit. Die Menschen sollen im Pavillon verweilen. Sie sollen am eigenen Leib dessen wohltuende Wirkung spüren und sich so des Problems städtischer Wärmeinseln und der möglichen Lösungen bewusst werden.

Modularität und Mobilität
Das modulare Bausystem des Pavillons ermöglicht einen relativ einfachen Auf- und Abbau der lokal produzierten Holzbalken und Holzbretter. Alles in allem dauert der Aufbau des Pavillons mit fünf bis sechs Personen und einem LKW-Kran etwa einen Tag. Dasselbe gilt für den Abbau. «Einer der Vorteile eines provisorischen, modularen Pavillons besteht darin, dass damit eine ganze Reihe von regulatorischen Einschränkungen umgangen werden können, die für dauerhaft errichtete städtische Gebäude und Einrichtungen gelten», betont Marc Vonlanthen. Mit anderen Worten: keine Ermittlungsverfahren und keine Opposition. Dies ist ein grosser Vorteil für ein Projekt, das gleichzeitig wissenschaftliche und didaktische Ziele anstrebt. Und das Tüpfelchen auf dem I: Der Pavillon funktioniert ohne Stromanschluss und ohne Wasserversorgung. Vier Batterien, die im kleinen Technikraum hinter einer der sechs Fassaden verstaut und mit den Photovoltaik-Modulen auf dem Dach verbunden sind, versorgen den Pavillon mit Strom. Ein Tank, in dem das Regenwasser über einen leicht geneigten Dachabfluss gesammelt wird, liefert das Wasser, das im Pavillon vernebelt wird, sobald die Umgebungstemperatur einen gewissen Wert überschreitet.

Ausstattung des Pavillons
Der Low-Tech-Pavillon greift auf eine Vielzahl von passiven Kühlungsmethoden zurück: begrüntes Schrägdach, Kübelpflanzen für die Beschattung und ein kühles Mikroklima, Belüftung durch grosse Öffnungen, Vernebelung mit zurückgewonnenem Regenwasser, unter Bänken in einem System mit Phasenwechselmaterial gespeicherte Nachtkühle und zu guter Letzt eine Klimawand mit übereinander angeordneten, porösen Keramiktöpfen, die das enthaltene Wasser verdunsten lassen und so einen angenehmen Kühleffekt erzeugen. «Unsere Indexmessungen des thermischen Komforts zeigen, dass die Ausstattung des Klimapavillons einen Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außenbereich von 7 Grad erzeugt. Dies am heissesten Tag, wenn die Sonne ihren Höhepunkt erreicht», freut sich Matias Cesari, Architekt und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut TRANSFORME.

Ein kommerzialisierbares Produkt
Von Anfang Mai bis Ende Juni 2023 wird der Klimapavillon in Gland (VD) im Innenhof von Grand-Champ, einer bekannten Wärmeinsel der Gemeinde, Station machen. Die befristete Stationierung des Pavillons ist Teil des Klimaplans der Gemeinde. Was die Zukunft des Klimapavillons DEMO-MI2 betrifft, hängt sie von seiner Weiterentwicklung ab: Entweder könnte er durch ein Start-up-Unternehmen aufgewertet und vermarktet werden, oder seine Pläne könnten als Open-Source zur Verfügung gestellt werden. Doch Raphaël Compagnon, ausserordentlicher Fachhochschulprofessor, weist darauf hin, dass es sich um eine Halb-Open-Source handeln müsste, das einen Investitionsrückfluss auf das Konto der Institute ENERGY und TRANSFORME der HTA-FR garantiert, sodass die Einnahmen in neue Projekte investiert werden können.

Einer der Vorteile eines provisorischen, modularen Pavillons besteht darin, dass damit eine ganze Reihe von regulatorischen Einschränkungen umgangen werden können, die für dauerhaft errichtete städtische Gebäude und Einrichtungen gelten.

Marc Vonlanthen, Professor HTA-FR

Trägerteam des Projekts:
Matias Cesari, Raphaël Compagnon, Jean-Michaël Taille bois, Marc Vonlanthen (HTA-FR) / Noémie, Dick, Aline Hayon-Andrey (Stadt Freiburg).

Finanzierung:
Forschungsfonds Smart Living Lab der HTA-FR, 10 institutionelle und private Sponsoren sowie eine Crowdfunding-Kampagne über die Plattform wemakeit.com.

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