Modular planen und bauen ist wirtschaftlich, schnell und ökologisch. Das bestätigt sich auch bei einem modularen Velo-Hochweg in Basel. Ein Ortsbesuch.

Teststrecke auf dem Gelände des ehemaligen Smart City Lab in Basel

Fotos: urb-X

Eine kurze Fahrt auf der Teststrecke auf dem Gelände des ehemaligen Smart City Lab in Basel gelingt entspannt und wirkt erhellend.

Marion Elmer, Alltagsradlerin und Architekturredaktorin

Haben Sie als Kind auch mit der Brio-Eisenbahn gespielt? Erinnern Sie sich an das fantastische Gefühl, wenn aus vielen geraden – langen und kurzen – und gekrümmten Holzschienen nach und nach eine Eisenbahnlandschaft entstand? War kein Platz mehr auf dem Kinderzimmerboden, dann halfen Brücken und Rampen weiter, um das Verkehrsnetz zu verdichten und die Spielzeuglokomotiven aneinander vorbeizuschleusen.

Wenn Sie nicht nur Brio-Fan, sondern auch gerne mit dem Velo unterwegs sind, dann werden Sie die Innovation von urb-x lieben. Denn ähnlich wie bei Brio sollen Radhochwege entstehen, die mehr als vier Meter über dem Boden verlaufen: dank Rampen und Strassenstücken aus einem Modulbaukasten.

Eine kurze Fahrt auf der Teststrecke auf dem Gelände des ehemaligen Smart City Lab in Basel gelingt entspannt und wirkt erhellend. Entspannt, weil ich ausnahmsweise einfach losradeln kann, ohne ständig um mich zu blicken, um mich zu vergewissern, dass keine der alltäglichen Gefahren droht. Erhellend, weil der Blick und die Aussicht hoch über der Strasse tatsächlich heller, buchstäblich erhebend scheint. Auch dank den Photovoltaik-Modulen, die den Radweg auf beiden Seiten als Geländer säumen, fühle ich mich sicher und gut unterwegs.

Wo aber soll die rund hundert Meter lange Rampe, die auf den luftigen Veloweg führt, in den engen Strassen von Schweizer Städten Platz finden, frage ich nach meiner Testfahrt. «Unser Radhochweg soll keine Konkurrenz zu den Velowegen in den Innenstädten sein», erklärt Franca Fellmann, Verantwortliche für Partnerschaften und Kommunikation bei urb-x. Es gehe eher darum, die Städte mittels Velo-Schnellweg mit dem Umland zu verbinden und so mehr Menschen für die Fortbewegung per Velo zu gewinnen; auch oder gerade solche, die sich nicht trauen, auf einem Streifen direkt neben der Autospur zu fahren. So sei die 15-Minuten-Stadt im Radius von zehn Kilometern eines Stadtzentrums möglich. Zudem werde mit dem Radhochweg auch weniger Bodenfläche verbraucht und zubetoniert.

Silas Hobi, Geschäftsleiter des Vereins umverkehr, der sich für eine zukunftsfähige Mobilität einsetzt, steht dem Projekt skeptisch gegenüber. Überland scheine ihm der Platz nicht das Problem zu sein. Neben den Vorteilen der sicheren, durchgängigen Strecke sehe er den Nachteil der Zugänge: entweder werden viele benötigt oder man kann nur für lange Strecken auf der Brücke fahren. «Problematisch finde ich zudem, dass der Radhochweg von der Tatsache ablenkt, dass Autos ungerechtfertigt viel Platz verschwenden», so Hobi. Um das Problem – zu viel Autoverkehr – an der Wurzel zu packen, müsste die bestehende Verkehrsfläche ausgewogener verteilt werden. «Dennoch freue ich mich», sagt der umverkehr-Geschäftsleiter, «wenn sich die Veloinfrastruktur innovativ weiterentwickelt.»

«Im Umkreis der meisten europäischen Städte fehlt ein wirklich durchgängiges, hochleistungsfähiges, übergeordnetes Radverkehrsnetz», sagt dazu Bálint Csontos, ehemaliger Präsident Grüne Baselland sowie Co-Gründer und COO von urb-x. «Unser Angebot», so Bálint Csontos, «ist wirtschaftlich und schnell realisierbar.» Je nach Situation könnten wöchentlich zwischen 100 und 250 Meter Strecke erstellt werden. Zudem sei es für Bauherrschaften ein Vorteil, dass dank der modularen Konstruktion die genauen Kosten schon zu Beginn einer Planung feststehen.

Veloweg aus dem Modulbaukasten

Doch wie funktioniert das modulare System? Es besteht aus drei wesentlichen Bestandteilen: Stahlpfeilern, hölzernen Stützelementen und hölzernen Wegstücken.

Die Stahlpfeiler werden tief im Boden verankert, sodass in der Regel auf Beton verzichtet werden kann. Darauf liegen als Tragwerk die Stützelemente in Form eines Kastenträgers. Ein Stützelement ist bis zu 30 Meter lang, 2 Meter breit und wiegt 5400 Kilo. Für gekurvte Wegstücke gibt es angepasste Varianten. In deren Innern verstecken sich alle nötigen Kabel und Anschlüsse für das Licht, die Bodenheizung und die Photovoltaik-Module. Auch Werkleitungen würden bei Bedarf darin Platz finden.

Die ebenfalls aus Holz gefertigten Fahrbahnelemente sind sehr einfach gehalten. Ein Holzrahmen, auf den eine Dreischicht-Holzplatte montiert ist, bildet die Basis. Auf die Fahrbahnplatte wurde bisher ein mehrschichtiger Spezialbelag aufgebracht, der in verschiedenen Farben erhältlich ist. Allerdings werde auf dem Markt oft Gussasphalt als Belag nachgefragt, so Bálint Csontos. Die Fahrbahnelemente gibt es gerade oder gekurvt; letztere mit acht verschiedenen Radien. So lässt sich damit auch ein Hochkreisel formen, der verschiedene Routen miteinander verbindet.

Wie wir es von Brio kennen, haben die Stützelemente und die Wegstücke an jedem Ende einen standardisierten Kupplungsmechanismus, mit dem sie zusammengefügt werden können.

Der Radhochweg mit je zwei Spuren in jede Richtung ist nicht nur beleuchtet; in der kalten Jahreszeit sorgt eine integrierte Heizung dafür, dass kein Schnee oder Eis ansetzt. Der Strom, den die Photovoltaik-Module am Geländer produzieren – übrigens 5- bis 8-mal mehr, als der Betrieb benötigt –, wird allerdings nicht direkt verbraucht, sondern ins Netz eingespeist. Optional lässt sich zudem ein Leuchtmast mit integrierter Sensorik und Leitsignalen anbringen.

Wo geht’s zum schnellen Radhochweg, bitte?!

Das System und die Teststrecke überzeugen. Doch wann und wo werden wir erstmals über Urb-x-Radhochwege durch die Landschaft radeln? Voraussichtlich in unserem nördlichen Nachbarland. In Baden-Würtemberg laufen erste Planungen mit dem modularen System, und auch in München und Hamburg gibt es viel Interesse. Seitdem der Aufbau der Teststrecke abgeschlossen ist, ist das Urb-x-Team in viele dieser Prozesse involviert, liefert Daten und unterstützt Planungsbüros, Baufirmen sowie Politikerinnen und Politiker mit Machbarkeitsstudien und 3-D-Simulationen.

Als ich – wiederum auf dem Boden der Realität – heimwärts radle und da wie dort auf dem Radweg parkierten Autos und anderen Hindernissen ausweiche, schwelge ich in Erinnerungen. Der Traum vom freien Radeln ist etwas greifbarer geworden.

Je nach Situation könnten wöchentlich zwischen 100 und 250 Meter Strecke erstellt werden. Zudem sei es für Bauherrschaften ein Vorteil, dass dank der modularen Konstruktion die genauen Kosten schon zu Beginn einer Planung feststehen.

Bike-Highways

Firma: urb-x AG, Birsfelden

System: Holz-Leichtbau auf Stahl-Tragstruktur

Bauzeit: 100–250 m/Woche

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