Direkt neben fünf Variel-Schulpavillons aus den 1960er-Jahren haben Bauart Architekten zusammen mit den Holzbauspezialisten von Blumer-Lehmann in Schorndorf bei Stuttgart einen modularen Schulbau erstellt. Seine DNA ist in den Projekten des gleichen Teams in Winterthur und Bern-Brünnen zu finden.

Der Neubau steht parallel zu den bestehenden Schulgebäuden am Südrand des Schulareals.

Fotos: Jürgen Pollak. Pläne: Bauart

Der Neubau ist einfach wunderschön geworden und hat mit den hellen Räumen eine positive Ausstrahlung.

Simone Kumordzie-Plott, Schulleiterin Fuchshofschule, Schorndorf

Wenn einem Neubau sogar ein Lied gewidmet wird, muss die Freude riesig sein:

Denn an der Fuchshofschule ist immer etwas los!
Holleri-holleri-hollero.
Wir kriegen einen Neubau, das finden wir famos!
Holleri-holleri-hollerooooo.
In der Schweiz wurde geplant,
als hätten sie’s geahnt.
Auch in Schorndorf haben sich Ideen angebahnt.
Ja, uns’re Fuchshofschule, die finden wir famos! Holleri-holleri-hollero! *

So sangen die Schülerinnen und Schüler der Fuchshofschule in Schorndorf bei Stuttgart anlässlich des Spatenstichs am 22. März 2022. Knapp ein halbes Jahr später bei der offiziellen Einweihung war die Freude noch viel grösser: «Der Neubau ist einfach wunderschön geworden und hat mit den hellen Räumen eine positive Ausstrahlung», sagt Schulleiterin Simone Plott. Besonders angetan ist sie vom grossen Fenster am Ostende des Korridors im Erdgeschoss, das den Blick auf einen der alten Obstbäume freigibt, die rund um den Neubau stehen blieben. Auch den Schülerinnen und Schüler gefällt das neue Gebäude: «Diejenigen, die dort nicht zu Mittag essen oder den Hort besuchen, sind fast ein bisschen neidisch auf ihre Kameradinnen und Kameraden», sagt Plott.

Sanfter Übergang zum Bestand

Dass der Neubau realisiert werden konnte, ist nicht ganz selbstverständlich. Dazu ist ein Blick auf die Geschichte der kleinen Schule mit rund 200 Schülerinnen und Schülern der Primarstufe nötig: Erbaut wurde sie 1963 und hat ihre DNA sozusagen in der Schweiz. Im wachsenden Fuchshof-Quartier liess die Stadt damals fünf Pavillons des aus vorgefertigten Elementen bestehenden Systems Variel vom Zuger Architekten Fritz Stucky erstellen. Gut sechzig Jahre später sollten die renovationsbedürftigen Gebäude eigentlich abgebrochen, das Grundstück mit Wohnungen überbaut und andernorts ein neues Schulhaus erstellt werden. Doch die Denkmalbehörde stellte die Variel-Bauten unter Schutz, und die Stadt Schorndorf entschied sich, die Schulanlage mit einem Neubau zu erweitern. Dieser ermöglichte den schon lange geplanten Ausbau zur Tagesschule.

Im Gesamtleistungswettbewerb entschied sich die Jury für das Projekt des Schweizer Teams von Holzbauunternehmer Blumer-Lehmann und Bauart Architekten. Das als Modulbau konzipierte zweigeschossige Gebäude basiert auf den in den letzten Jahren vom gleichen Team erstellten Schulbauten in Brünnen bei Bern und in Winterthur. Damit bleibt die Fuchshofschule ihrer Schweizer DNA treu. Der Jury gefiel insbesondere der respektvolle Umgang des Projekts mit den Bestandesbauten. «Durch den höhren Baukörper auf der Südseite entsteht zusammen mit der ebenfalls höheren Turnhalle am Nordende des Areals eine bauliche Klammer», sagt Kathrin Merz, die das Projekt bei Bauart betreut hat.

Durch das gedeckte Freiluftschulzimmer konnten wir das Volumen sinnvoll ergänzen und das Ungleichgewicht elegant beheben.

Kathrin Merz, Dipl. Architektin ETH SIA, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung bei Bauart

Freiluftzimmer als Zugabe

Der Neubau steht parallel zu den bestehenden Schulgebäuden am Südrand des Schulareals. Im Erdgeschoss finden neben einer grosszügigen Eingangshalle die Mensa samt Küche, das Musikzimmer, ein Sitzungszimmer für die Lehrpersonen, ein Zimmer für die ausserschulische Betreuung sowie verschiedene Nebenräume Platz. Im Geschoss darüber sind die Grundschulförderklasse, ein Raum für Lehrmittel sowie ein Freiluftschulzimmer untergebracht. Letzteres war im Wettbewerb gar nicht verlangt. «Im Gegensatz zum Erdgeschoss war das Raumprogramm des oberen Stockwerks einiges kleiner», sagt Kathrin Merz. «Durch das gedeckte Freiluftschulzimmer konnten wir das Volumen sinnvoll ergänzen und das Ungleichgewicht elegant beheben.» Das luftige Zimmer schafft nicht nur einen speziellen Klassenraum, sondern kann bei Bedarf später sogar zu einem vollwertigen Schulzimmer ergänzt werden.

Ähnlich wie bei den Schulmodulbauten in Brünnen und Winterthur kommt das Äussere mit seiner filigran gestalteten, vorvergrauten Holzfassade schlicht daher. Und analog zu Brünnen und Winterthur findet sich im Innern viel sichtbares Holz sowie eine sorgfältig darauf abgestimmte Farbgebung in Blautönen und Fuchsrot – Letzteres als Anspielung auf den Schulnamen. Das Konzept für die Lüftungsanlage orientiert sich mit dem Lowtec-Prinzip von Beat Kegel ebenfalls am Schweizer Vorbild. Neu sind hingegen die Dimensionen der Module: Um die Mensa stützenfrei realisieren zu können, kamen 10,2 Meter lange Einheiten zum Einsatz. Diejenigen in Brünnen und Winterthur messen gut 7 Meter. Möglich war die grosse, stützenfreie Spannweite durch die Verwendung von Deckenunterzügen aus verleimter Baubuche. Diese ragen jeweils um 18 Zentimeter aus der mit Fichtenholz verkleideten Decke heraus und strukturieren so den Raum.

Adaptation an deutsche Vorgaben

Auch sonst konnte das aus den Schweizer Projekten bewährte Bau- und Konstruktionsprinzip nicht einfach eins zu eins übertragen werden – obwohl es auf den ersten Blick so scheint. «Aufgrund anderer Regeln und Normen mussten wir viele Details neu entwickeln», sagt Lukas Osterwalder, Bereichsleiter Modulares Bauen bei Blumer-Lehmann. So verlangten etwa die deutschen Vorgaben beim Brandschutz, dass jeder Raum in einem Schulgebäude über zwei Fluchtwege verfügt. Deshalb musste aussen ein einfaches Fluchttreppenhaus aus verzinktem Stahl eingeplant werden. Ebenso konnte der Bodenaufbau nicht einfach übernommen werden. «Aufgrund der deutschen Schallschutzvorgaben mussten wir einen gegossenen Unterlagsboden einbauen», sagt Holzbauspezialist Osterwalder. Der Modulbau der Fuchshofschule war für ihn und sein Team deshalb trotz bewährtem Vorbild viel Neuland und zugleich ein wichtiges Gesellenstück für weitere Projekte in Deutschland – das Schweizer Unternehmen hat 2021 ein eigenes Werk in Grossenlüder bei Fulda in Betrieb genommen. Analog zu Fritz Stuckys Variel-Pavillons in den 1960er-Jahren könnten also künftig auch anderswo in Deutschland Modulbauten mit Schweizer DNA entstehen. Auf die altgedienten Pavillons in Schorndorf wiederum wartet eine neue Epoche: Sie werden in den nächsten Jahren etappenweise mit Begleitung der Denkmalpflege saniert und bilden dann zusammen mit ihrem soeben eingeweihten Nachfahren ein stimmiges Ensemble, das Platz für einen zeitgemässen Tagesschulbetrieb bietet.

* Text-Adaption zur Melodie von «Mein kleiner grüner Kaktus»: Michaela Wirth, Konrektorin Fuchshofschule Schorndorf

Modulbau Fuchshofschule, Schorndorf (D), 2022

Bauherrin: Stadt Schorndorf (D)
Architektur: Bauart Architekten und Planer AG
Auftragsart: Gesamtleistungswettbewerb
Gesamtleister/Holzbau: Blumer-Lehmann AG, Gossau (CH)
Baukosten BKP2: 3,5 Mio Euro

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