Auf kleinem Raum mit mobilen Möbeln zu wohnen, macht aus ökonomischer und ökologischer Sicht viel Sinn. Doch ist es auch praktisch und angenehm? Modulart hat sich mit dem Schauspieler Frank Bakker unterhalten, der seit zwei Jahren in einem Move-ment-Wohnmodul in Adliswil lebt, und zeigt Einblicke in die originelle Umnutzung einer Wohnung in Madrid.

Movement in Adliswil, 2021. Design und Umsetzung: admire GmbH, Bern

Bilder: Halter AG, Zürich

«Ein Mensch kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein», sagte der Architekt Angelo Roventa zu seinem Wohnkonzept «Elastic Living». Seine Idee, dass die elastische Wohnung immer dort Platz macht, wo er gebraucht wird, setzt die Immobilienfirma Halter seit 2019 mit Movement um. Die ersten rund 40 Wohnmodule befinden sich im umgenutzten Wohngebäude «The Jay» in Adliswil; 2021 folgten weitere im Claraturm in Basel sowie demnächst im Neubau Rubix in Sion.

Ein Modul zählt je nach Modell 30 bis knapp 40 Quadratmeter Fläche. Wer es betritt, findet gleich auf der einen Seite des Eingangs den einzigen gemauerten Raum, das Badezimmer. Daran schliessen, an einer Schiene an der Wand befestigt, verschiebbare Raummöbel an, in die das Bett, eine Arbeitsfläche oder ein Schrank integriert sind und die auf Knopfdruck verschoben werden können. Auf der anderen Seite des Eingangs bietet die Wohnung, abgesehen von einer fix eingebauten Garderobe, Raum zur freien Möblierung, etwa für ein Sofa oder einen kleinen Esstisch.   

Die Argumente der Immobilienfirma leuchten ein. Wenn nur 30 oder 40 Quadratmeter geheizt, gekühlt, gelüftet und beleuchtet werden müssen und die Wohnung trotzdem alle Funktionen erfüllt, spart das viel Energie. Und wenn auf einer Nettofläche von 160 Quadratmetern vier Wohnungen Platz finden, reduziert das die verbaute Fläche, gemäss Halter gar um 75 Prozent. Doch ist es praktisch und bequem, in einem Wohnmodul zu leben, in dem viel vorgegeben und wenig Individualität möglich ist?

Frank Bakker, Sie wohnen seit zwei Jahren in einem Movement-Modul, Modell Senior, in Adliswil auf knapp 40 Quadratmetern. Wie hat sich die Wohnung in dieser Zeit für Sie bewährt?

FB: Ich bin im Oktober 2019 hier eingezogen und habe somit den Lockdown und die ganze Pandemiezeit in dieser Wohnung verbracht. Ich fühle mich extrem wohl hier. Die Wohnung fühlt sich dank der hohen Decken und der hellen Räume nicht klein an.

Wie nutzen Sie die Wohnung aktuell?

FB: Ich wohne allein darin und arbeite aktuell 60 Prozent ausser Haus. Zu Hause übe ich Dialoge für meine Auftritte ein oder funktioniere die Wohnung zu einem Studio um, in dem ich Castingvideos aufnehme.

Gibt es im Haus auch gemeinsam nutzbare Räume?

FB: Es gibt im Keller Abstell- und Veloräume und auf dem Dach eine grosse gemeinschaftliche Terrasse. Dort könnte man auch einen Partyraum dazumieten. Ich habe aber von diesem Angebot noch nie Gebrauch gemacht.

Wie wichtig war für Sie der Gedanke, mit dieser Wohnung ihren ökologischen Fussabdruck zu verringern?

FB: Grundsätzlich versuche ich, nachhaltig zu leben. Für meine Wahl hierherzuziehen, war dieses Argument aber nicht ausschlaggeben. Aber es ist für mich ein schöner Benefit. Zentraler war beispielsweise das Argument der Lage: dass ich nahe am Bahnhof Adliswil bin und in zehn Minuten am HB Zürich sein kann.

Haben Sie sich daran gewöhnt, dass immer ein Teil Ihrer Wohnung nicht nutzbar ist oder Sie erst einen Knopf drücken müssen?

FB: Es hat mich noch nie gestört, dass man nicht alle Zimmer «offen» haben kann. Zudem dauert so eine Wandverschiebung nicht mehr als zehn Sekunden; etwa so lang, wie man in einer normalen Wohnung braucht, um von einem ins andere Zimmer zu kommen.

Nach zwei Jahren hat man bevorzugte Einstellungen, und es gibt Tage, an denen ich gar nichts verschiebe, weil es mir zum Beispiel reicht, von der einen Seite ins Bett zu steigen.

Muss man ein bestimmter Typ Mensch sein, um in einer elastischen Wohnung zu leben?

FB: Ich bin ein ordentlicher Mensch. Und ich denke, das muss man sein. Aus Sicherheitsheitgründen gibt es nämlich zwei Stoppmechanismen: ab einem gewissen Druckwiderstand und wenn etwas in die Lichtschranke gerät. Wenn also zum Beispiel ein Bettzipfel in die Lichtschranke gerät oder eine Tasche am falschen Ort liegt, lassen sich die Möbel nicht mehr bewegen.

Die meisten Möbel sind integriert, die Ausstattung ist grösstenteils vorgegeben. Lässt das Wohnmodul überhaupt noch Individualität zu?

FB: Das stimmt, viel eigenes Mobiliar hat nicht Platz Ich habe nur ein Sofa, Tisch und Schrank sowie eine Matratze für das integrierte Bett mitgebracht. Dafür bieten beide Längswände, auch jene hinter der Movement-Schiene, viel Platz für Bilder.

Könnten Sie sich auch vorstellen, zu zweit hier zu wohnen?

FB: Für eine beschränkte Zeit sicher. Aber fürs Paarleben wäre mir meine Wohnung mit 38 Quadratmetern zu klein.

Würden Sie sich mit Ihrem heutigen Wissen erneut für eine Movement-Wohnung entscheiden?

FB: Es ist sicher eine Wohnung, die für eine bestimmte Lebensphase passt. Ich finde, dass das Format gerade in einer urbanen Umgebung viel Potenzial hat. Eine normale 40-Quadratmeter-Wohnung hätte ich wohl eher nicht in Betracht gezogen. Da muss man als Bewohner sehr kreativ sein, um den Platz gut zu nutzen.

Eine Wohnung, zwei Ebenen

Fast als Antithese zum Movement-Modul steht die Lösung, die das Architekturstudio Elii für eine kleine Eckwohnung in der spanischen Metropole aus Madrid gewählt hat. Nicht Modularität, sondern Individualität und Experimentierlust standen hier am Anfang der Aufgabe, möglichst jeden Quadratzentimeter optimal auszunutzen. Statt dass Raummöbel verschoben werden, sind es hier zwei Ebenen, die die unterschiedlichen Wohnfunktionen verbinden und trennen. Der offene, grosse Hauptraum auf Höhe der Eingangstüre kann als Wohnzimmer und Essküche zugleich genutzt werden. Aus der Küchenkombination lässt sich ein kleiner Esstisch herausheben, die Treppe, die zur oberen Ebene führt, mutiert zur Sitzfläche. Hinter einer vermeintlichen Schranktüre befindet sich ein schmales Reduit, in der auch eine Waschmaschine Platz findet.

Auch aus der verschiebbaren Treppe lassen sich auf allen Seiten Schubladen herausziehen. Über ihre drei Stufen erreicht man auf einer 90 Zentimeter höheren Ebene den Schlafplatz, den nur einen Vorhang vom Wohnzimmer trennt. Dahinter, von einer transparenten Wand geschützt, liegt das Badezimmer. Die beiden privateren Bereiche sind dank des L-förmigen Grundrisses nicht vom Eingang her einsehbar. Die grosszügige Raumhöhe, grosse Fenster, weisse Wände und das zarte Mint der Holzeinbauten sorgen für eine heitere, lichte Atmosphäre. 

Yoiigen Poketto, 2017. Architektur: Elii Oficina de arquitectura, Madrid

Bilder: Elii Oficina de arquitectura, Madrid

Projektinformationen

Movement, «The Jay» in Adliswil, 2019
Bauherrschaft: Halter AG, Zürich
Design und Umsetzung: admire GmbH, Bern
Interior Design: Select Living Interiors GmbH, Thalwil
SRF-Beitrag zum Thema mit Movement

Yoiigen Poketto, 2017
Bauherrschaft: privat
Architektur: Elii Oficina de arquitectura, Madrid

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