Andreas Frei, Sie sind professioneller Spielentwickler. Welche Beziehung haben Sie zu modularen Spielsystemen?

Andreas Frei: Modulare Systeme sind spannend, wenn durch ihren Einsatz eine echte Veränderung in der Spielanlage passiert, die das Spielverhalten beeinflusst. Also zu verschiedenen Strategien führt und neue Überlegungen fordert. Das kann beim Aufbau oder während dem Spiel geschehen. Das Umbauen während dem Spiel kann eine zweite Spielphase mit neuen oder erweiterten Möglichkeiten ergeben. Es gibt Brettspiele die mit Erweiterungen, zusätzlichen Karten oder Spielsteinen, das Spiel bereichern und strategisch komplexer gestalten. Eine solche Erweiterung empfinde ich als interessant solange sie im spielerischen Sinn funktioniert und nicht aus verkaufstechnischen Gründen entwickelt wurden. Ein rein visueller Umbau der Spielanlage, ohne Einfluss auf das Spielgeschehen, ohne Überraschung, macht wenig Sinn. Es sollte wenigstens die Spielgeschichte, das Spielerlebnis, in ihrer erzählerischen Logik von einem Umbau profitieren.

Haben Sie selber schon modulare Spiele entwickelt? In welchen Bereich setzten sie modulare Ideen um?

AF: Das Modulare verwenden wir hauptsächlich in Grossspielen. Es kommt in der Konzeption zum Zug und hilft ein Spiel zu rhythmisieren, indem eine Form ausgestaltet wird, die sich beliebig mit verschiedenen Inhalten füllen lässt. Für die Spieler generieren wir so ein schnelles Spielverständnis, da sich der Spielablauf im Kern wiederholt und inhaltlich immer wieder neu variiert und somit spannend bleibt. Möglich ist auch, dass der identische Inhalt durch modulares Aneinanderreihen von einer beliebigen Anzahl Personen gleichzeitig gespielt werden kann.

Haben Sie dabei auch Verbindungspunkte vom Spiel zur Architektur? Sie lassen ja zum Teil wirklich grosse spielerische Installationen bauen.

AF: Was war zuerst – das Huhn oder das Ei? Das Spielkonzept oder das Gebäude, dass das Spielkonzept ummantelt oder in das es integriert wird? Dieser Frage begegnen wir fast täglich und ist ein fixer Bestandteil unserer Arbeit. Bei uns besteht die Kunst vor allen darin, dass neuartige Grossspiele perfekt in die Architektur integriert werden und als integrativer Teil dessen wahrgenommen werden. Die Architektur wiederum soll das Spielthema inhaltlich aber auch in der Formensprache aufnehmen und den einzelnen Spielen den Raum einräumen, der dafür notwendig ist, damit die Spiele auch genutzt und bespielt werden können. Beide Kategorien sollen einander zudienen ohne dass das eine das anderer dominiert. Im besten Falls stellt sich der Besucher die Frage gar nicht – was habe ich vor mir Architektur oder Spiel, sondern es ist eine neuartige Verbindung von beidem.

Ein Grossprojekt, welches wir in diesen Sommer eröffnet haben, ist eine Parkanlage zum Thema «Rund um die Uhr Zeit vergessen». Das Key Visual dazu ist ein mehrstöckiger Uhrenturm, der über sämtliche Stockwerke bespielt werden kann. Von überdachten Spielmöglichkeiten im Sand über eine uhrenförmige Grillstelle für 20 Personen bis hin zu verschiedenen Spielen, welche die Zeiger der beiden grossen Zifferblätter im obersten Stockwerk des Uhrenturms antreiben, damit man nie genau weiss, welche Uhrzeit es gerade ist. Auch hier wurde modular gearbeitet, mit dem klassischen Shape eines runden Zifferblattes, das sich durch alle Spiele sowie inhaltlich und formal durch die Architektur zieht.

Architektur: Spielerisch in der Entwicklung – absolut! Verspielt im Resultat – nein!

Andreas Frei, Spielentwickler

Sollte Architektur «spielerischer» sein?

AF: Spielerisch in der Entwicklung – absolut! Verspielt im Resultat – nein! Ich persönlich bevorzuge eine klar erkennbare Idee sowie eine stringente formale Sprache in der Architektur. Architektur sollte sich aus meiner Sicht daran orientieren, für wen oder für was ein Gebäude konzipiert und gebaut wird. Das heisst aber nicht, dass es keine aussergewöhnliche Formensprache oder spannende Details haben darf. Aber für allzu verspielten Elementen oder eben sehr viele spielerische Komponenten, ist Architektur aus meiner Sicht nicht das richtige «Medium». Eine Ausnahme in diese Hinsicht sind für mich Experimente – häufig Seitens japanischen Architekten – neue Lebensformen, Modelle des Zusammenlebens oder Lebensgefühle spielerisch in Wohnkörpern zu manifestieren. Dies häufig in extremer Form und in sehr konsequenter Umsetzung. Ich denke so entstehen neue Impulse – die wiederum als Labor dienen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Orientieren Sie sich an irgendwelchen Vorbildern? Wie entsteht zum Beispiel eine Spielinstallation wie «Der gläserne Berg» im Alpinen Museum Bern?

AF: Vorbilder sind für uns eher hinderlich – da sie als Guideline dienen können oder sogar eine Richtung vorgeben können. Da wir aber Projekte nicht wiederholen möchten, ist einer unser Ansprüche einen möglichst frischen Blick auf die jeweilige Aufgabestellung zu werfen. Und da ist es eher hilfreich, wenn man sich an nichts zu orientieren braucht. Der gläserne Berg war eine Auftragsarbeit für das Alpine Museum in Bern mit dem Wunsch, den Besuchern zum 150-jährigen Jubiläum des SAC dessen Vereinsstruktur spielerisch näher zu bringen. Das Grossspiel, das daraus resultierte, ist sehr konzeptionell aus der eigentlichen Aufgabenstellung heraus entstanden. Dank der gegossenen Glasbergsilhouette wurde bereits ein wichtiger Teil der Aufgabenstellung gelöst – etwas transparent zu machen. So konnten die Spieler die Bergwand gleichzeitig von beiden Seiten bespielen und konnten sehen, was der Gegenspieler macht und wo er sich gerade befindet. Der zweite kreative Akt war – anstelle eines klassischen Spielbretts, das auf dem Tisch liegt – das Spielbrett senkrecht in die Vertikale zu stellen, was wiederum der Bergwelt entspricht. So konnte die Spielinstallation von unten nach oben bespielt werden – wie eine klassischen Bergwanderung, vom Tal bis hinauf in die Hütte. Dabei sollte man so schnell als möglich diverse Hütten erreichen, um an die verschiedenen Informationen zu kommen – diese wiederum wurden, ganz SAC-like, mit dem Gegenspieler ausgetauscht.

Woher holen Sie sich Ihre Inspirationen?

AF: Eine grosse Frage – sie wird uns immer wieder gestellt, und ich kann sie eigentlich bis heute nicht klar beantworten. Warum ist jemand kreativ und woher kommen gute Ideen? Es gibt sicher gewissen «Böden», auf denen Kreativität sehr gut gedeihen kann. Und auf der anderen Seite ist es auch eine gewisse Ausprägung, die einem in die Wiege gelegt wurde. Bezüglich Umfeld ziehen wir uns, wenn immer möglich, jedes Jahr mit der Firma für ca. 3 Wochen in die Wüste Namibias zurück, um neue Entwicklungen voran zu treiben und besonders harte «Knacknüsse» zu lösen. Das Wichtigste dabei ist aber, dass es uns einfach Spass bereitet, in dieser unendlichen offenen und traumhaften Landschaft, in kurzen Hosen und barfuss, für ganz weit entfernte komplexe Probleme Lösungen zu finden, und dabei ungefiltert entwickeln, und gedanklich die wildesten Verbindungen eingehen können. Diese Lust am Forschen, Entwickeln und am Dranbleiben ist, zusammen mit dem unglaublichen Gefühl, wenn man einer Lösung auf die Spur kommt, faszinierend! Ich merke dies sogar körperlich, wenn ein Ideenstrang vielversprechend ist. Vielleicht ist dies eines der Geheimnisse der Inspiration – die Arbeit sollte einem einfach Spass machen!

Wie kam es, dass Sie das Entwickeln von Spielen zum Beruf gemacht haben?

AF: Ganz einfach – ich habe zwei grosse Leidenschaften in meinem Leben: Eine davon ist das Entwickeln, Kreieren und Gestalten. Das hatte sich bei mir schon sehr früh als Kind herauskristallisiert. Diesem Interesse bin ich dann gefolgt und habe mir schon sehr früh gewünscht, das ich eines Tages von meiner Kreativität leben kann.

Andreas Frei
ist professioneller Spielentwickler und Mitgründer der Gebrüder Frei GmbH in Bern, die spielerische Projekte aller Art umsetzt. Er ist Grafikdesigner, sammelte 22 Jahre Erfahrung in Werbeagenturen im In- und Ausland und war auch als Erwachsenenbildner in der Kommunikation für Start-ups tätig.

www.gebruederfrei.ch

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