Aufstockungen mit Holz haben es in sich: Sie sind leicht, haben dank Vorfabrikation kurze Bauzeiten und eine gute Ökobilanz. Das Praxis-Handbuch hält neben diesen Einsichten auch viel detailliertes Wissen und Beispiele aus der Praxis bereit.

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2050 werden rund 80 Prozent der heute erstellten Bauten immer noch existieren, schreibt Annette Hafner, Professorin für ressourceneffizientes Bauen an der Ruhr-Uni Bochum im Vorwort dieser Publikation. Deshalb biete der richtige Umgang mit diesen Bauten den grössten Hebel, um die Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen. Ein grosses Potenzial für Aufstockungen macht die Professorin bei Bauten aus den 1950er- bis 1980er-Jahren aus. Zeitgleich lässt sich mit dieser Art der Bestandserweiterung der Flächenverbrauch reduzieren und mehr innerstädtischen Wohnraum schaffen.

Aufstockung ist denn auch das zentrale Thema der Publikation «Holzbau im Bestand». In einem ersten Beitrag widmet sich Manfred Stieglmeier dem Potenzial von Aufstockungen und zitiert eine aktuelle Studie, die die Ökobilanzen von Aufstockungen und Abriss/Neubau untersucht. Wenig überraschend verursacht die Aufstockung gemäss Studie sowohl bei der Herstellung wie auch über den gesamten Lebenszyklus weniger CO2-Emissionen. Im Beitrag «Aufstocken mit Holz» zeigt der Autor auf, dass nicht nur das geringe Gewicht, das Material Holz für Aufstockungen prädestiniert. Auch der hohe Grad der Vorfertigung ist ein Vorteil, gerade etwa, wenn Aufstockungen bei laufendem Betrieb oder in bewohntem Zustand erfolgen.

Zwei weitere Beiträge befassen sich mit den baurechtlichen Rahmenbedingungen und dem Bestandsschutz respektive mit den Brandschutzanforderungen für Aufstockungen. Dies dürften relevante Beiträge für Planerinnen und Architekten sein, auch wenn die dargelegten Überlegungen an Schweizer Vorgaben angepasst werden müssen.

Dass beim Aufstocken auch ungewöhnliche Lösungen möglich sind, wird im Beitrag über Aufstockungstypologien sichtbar. In zahlreichen Innenstädten gibt es aufgrund der autofreundlichen 1970er-Jahre viele Parkhäuser. Wieso nicht weitere Geschosse hinzufügen und für eine soziale Nutzung aktivieren? So geschehen in Nürnberg, wo Räume für eine Kita auf ein bestehendes Parkhaus gestellt wurden.

Der Holzmodulbau erhält im Beitrag über Aufstockungskonstruktionen einen gebührenden Platz: Mit dem geringen Materialgewicht und ihrem hohen Vorfertigungsgrad ist diese Bauweise geradezu idealtypisch für Aufstockungen. Enttäuschend deshalb, dass es unter den Projektbeispielen im zweiten Teil der Publikation nur gerade mal eine Aufstockung mit Modulen gibt: ein Tagungshotel in Salzburg von 2018. Man hätte sich da noch ein paar aktuellere Beispiele gewünscht. Insgesamt aber überzeugt das Praxis-Handbuch. Lesen ausdrücklich empfohlen!

BIBLIOGRAPHIE

Stefan Krötsch, Manfred Stieglmeier, Thomas Engel, «Holzbau im Bestand», Detail Praxis, Basel, Berlin 2024

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