Der Solar Decathlon 2017 fand in Denver, Colorado statt. Der Wettbewerb wird vom U.S.-Energieministerium alle zwei Jahre ausgeschrieben.

Bild: Alain Herzog

Studententeams mit technisch hochgerüsteten Pavillons messen sich in zehn Kategorien (u.a. Energie, Architektur, Innovation oder Kommunikation). Auch ein Team der vier Hochschulen EPFL, HEAD, HTA und Universität Fribourg fährt nach Amerika. Dort wird sich das interdisziplinäre Team aus Architekten, Gebäudetechnikern, Klimaingenieure, Grafikdesignern und Ökonomen gegen ein Dutzend andere Teams behaupten müssen, fast alle aus den USA, nur die Niederlande und die Schweiz reisen an. Zwei Jahre dauert nun schon Planung und Bau.

Der Schweizer Beitrag heisst ‹NeighborHub›. Sein Name ist Ziel: Als eine Art kleines Quartierzentrum soll der modulbasiert Holzbau einer Nachbarschaft als Ort der Begegnung dienen und dabei beiläufig über Nachhaltigkeit und saubere Energien aufklären. «Wir haben lange mit den Wettbewerbsleuten diskutiert, bis wir das machen durften», sagt Axelle Marchon von der EPFL, die die Architekturstudenten koordiniert. Denn eigentlich muss jedes Team ein kleines Einfamilienhaus bauen. Man überzeugte die Amerikaner schliesslich, dass es in der Schweiz nicht nur um Hüsli-Kraftwerke gehen kann, sondern um den haushälterischen Umgang mit Raum.

Im ‹NeighborHub› bildet ein grosser Raum die Mitte des Holzbaus, multifunktionale Möbel machen aus ihm eine grosse Küche oder einen Ort für gemeinschaftliche Veranstaltungen. Mit einem Klappbett in einer Raumnische erfüllt man minimal die Forderung des Wettbewerbs. Erfrischend rau ist der Systembau: gezimmert aus Seekieferplatten und umhüllt mit Polycarbonatplatten – nötige Gegenwelt zum Hightech der Technik, die mal versteckt, mal sichtbar arbeitet. Rund um den gut gedämmten und klimatisierten Hauptraum liegen die Module Bad (an Schlaf-Nische), Trocken-WC (eine Neuentwicklung der Studenten) oder der üppige Technikraum mit Glastüren. In einer äusseren, unbeheizten Raumschicht soll die Nachbarschaft am Velo basteln oder die Pflanzen eintopfen können, die im Regal der Aussenwand Vitamine produzieren. Ein Dutzend Fische erarbeiten hinter gläsernen Bodenfenstern die nötigen Nährstoffe dafür.

Die Aussenhaut des Pavillons ist gestreift: Fotovoltaikpanele oben, orangefarbene organische Solarzellen darunter (die an der EPFL entwickelten Grätzelzellen) sowie in der unteren Hälfte transluzente und transparente Kunststoffplatten. Die wenigen Solarkollektoren in der Fassade habe man selber gebaut, sagt Jérémie Stoeckli von der EPFL. Grosse Teile der Aussenwände lassen sich nach oben klappen. Die Solartechnik in der Fassade liefert die gesamte Energie und speist ein Elektroauto, das vor dem Eingang steht. Das grüne Dach verbessern die Biodiversität. Das ist beim Wettbewerb zwar keine Kategorie, vielleicht aber bringt es Punkte beim Wasserhaushalt, der heuer erstmals bewertet wird. Städtebauliche Überlegungen interessieren in Amerika nicht. 

Anfang Juli ging das Schiff mit dem Material auf Seereise. Ende September bauen die Studenten neun Tage lang und am 5. Oktober öffnet der Solar Decathlon seine Tore. Dann wird das Haus zehn Tage lang begutachtet und gemessen, die Schweizer führen hindurch und müssen ihre Nachbarteams zweimal zum Dinner und einmal zu einem Spieleabend einladen. Was sie dort spielen werden das wüsste er noch nicht, lacht Jérémie Stoeckli. 

Wieder zurück in der Schweiz soll der ‹NeighborHub› auf dem Innovationsquartier ‹Blue Factory› beim Bahnhof Fribourg aufgestellt werden. Eine von vier Forschungsplattformen dort wird das ‹Smart Living Lab› sein, in dem bereits jetzt in einer provisorischen Halle die am ‹NeighborHub› beteiligten Hochschulen gemeinsam und interdisziplinär an Nachhaltigkeitsthemen forschen.

Dieser Beitrag ist im September 2017 auf hochparterre.ch erschienen.

Das Sieger-Team

Nachtrag Dezember 2017

11 Projekte von Teams aus Nordamerika und Europa wurden von 24 Fachexperten nach 10 Kriterien beurteilt. Das Projekt NeighborHub des Schweizer Teams ist als Sieger aus dem Contest hervorgegangen!

Das 1:1-Modell eines Quartierzentrums, das nur von Sonnenenergie betrieben wird, überzeugte die Jury und gewann den mit 300’000 Franken dotierten Preis. Das Solarhaus wurde im Smart Living Lab, dem Labor für intelligentes Wohnen an der Blue Factory in Freiburg entwickelt und soll nach dem Rücktransport in die Schweiz einen festen Platz in der Stadt Freiburg erhalten. Beteiligt waren rund 250 Studierende der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg, der Universität Freiburg, der ETH Lausanne und der HEAD. Das Projekt ist nicht nur ein Leuchtturm für nachhaltiges Bauen, sondern auch ein wichtiger Schritt im Zusammenführen von Forschungs- und Wissensressourcen der Hochschullandschaft Schweiz. Jean-Nicolas Aebischer, Direktor der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg, freut sich denn nicht nur über den Wettbewerbserfolg: «Es ist ein Zeichen dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen funktioniert», so Aebischer.

> Zur Präsentation

> Radio Interview (SRF)
mit Jean-Nicolas Aebischer, Direktor der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg.

Die Beteiligten

Das interdisziplinäre Schweizer Team ist aus Studierenden der folgenden Hochschulen zusammengesetzt: Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Haute Ecole d’Ingénierie et d’Architecture Fribourg (HEIA-FR), der Université d’Art et de Design (HEAD) und der Université de Fribourg (UNIFR).

Offizielle Decathlon Webseite Schweiz
http://www.swiss-living-challenge.ch

Offizielle Decathlon Webseite International
www.solardecathlon.gov

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