Wieso nicht mal ein City-Trip in die Barockstadt Ludwigsburg, wenn Reisen über die Grenze wieder möglich werden? Das Hotel Bergamo bietet aber nicht nur eine schöne, CO2-neutrale Unterkunft; der Neubau wertet auch ein lange vernachlässigtes Quartier auf.

Bilder: VON M

Ludwigsburg ist Städtereisenden und Urbanisten seiner intakten barocken Innenstadt wegen ein Begriff: Schlösser, historische Alleen, der mit Arkaden umsäumte Marktplatz und die weitläufigen Kasernenbauten verleihen der Stadt im Bundesland Baden-Württemberg ihren markanten Charakter.

Wie in jeder anderen Stadt gibt es aber auch da den einen oder anderen Schandfleck. In Ludwigsburg ist das der Marstall, ein in den 1970er-Jahren erbautes Einkaufszentrum am Holzmarkt. Auch nach dem Umbau von 2015 ist der Bau umstritten; zudem befindet er sich in einem lange vernachlässigten Stadtteil.

In diesem schwierigen Umfeld setzt nun seit Kurzem ein neues Hotel einen buchstäblichen Glanzpunkt: mit einer Hülle aus strahlend weissen Faserzementschindeln und Aluminium-Trapezblechen. Zusammen mit einem neuen Platz, der «Stadtterrasse», soll es das Quartier aufwerten und revitalisieren.

Kein Passant würde allerdings ahnen, dass sich hinter seiner schillernden Fassade ein Holzbau verbirgt, genauer: ein Holzmodulbau.

Der elegante viergeschossige Baukörper passt sich gut in die gebaute Umgebung aus den 1970ern ein, bezieht sich mit dem gekappten Mansardendach und seiner Traufhöhe aber auch auf die historischen Wohnbauten im Quartier. Kein Passant würde allerdings ahnen, dass das Gebäude sich auch bezüglich Innenleben an den barocken Wohnhäusern der Stadt orientiert. Hinter seiner schillernden Fassade verbirgt sich nämlich ein Holzbau, genauer: ein Holzmodulbau.

Der Wunsch der Stadt, das Gebäude mit möglichst geringem CO2-Ausstoss zu erstellen und zu betreiben, spielte bereits im Wettbewerb eine Rolle – und legte die Materialwahl Holz nahe. Nichts weniger als ein Vorzeigebau sollte hier entstehen. Nach einem Studienauftrag mit sechs Büros konnte letztlich das Büro VON M aus dem nahen Stuttgart das Hotel realisieren.

Fixfertige Module schnell aufgebaut

Und so präsentiert sich das Innenleben des Hotels: Der Erschliessungskern und der zweigeschossige Sockel (Unter- und Erdgeschoss) sind aus Ortbeton gefertigt; die Obergeschosse bestehen aus Holzbaumodulen. Die Brettsperrholzplatten für Wände, Böden und Decken der Module wurden alle in einem Vorarlberger Werk aus lokalem Holz computergesteuert zugeschnitten und zu fixfertigen Raummodulen gefügt. Auf der Baustelle dauerte der Aufbau aller Module deshalb nur fünf Tage. Auch das Dachgeschoss besteht aus vier Modulen, die bereits im Werk mit den Trapezblechen verkleidet wurden.

CO2-neutrales Designhotel

Der nachhaltige Baustoff ist auch im Innenraum präsent: Das Holz ist in den 55 Gästezimmern unverkleidet sichtbar; in den Empfangs- und Restaurationsräumen des massiv gebauten Erdgeschosses sorgen Eschenholzparkett und -möbel für eine wohnliche Atmosphäre. Lediglich im Treppenhaus überwiegen Beton und lackiertes Metall. Punkto CO2-Ausstoss machten die Architekten folgende Rechnung: Die 440 Kubikmeter Holz entziehen der Atmosphäre dauerhaft 880 Tonnen CO2. Das kompensiert den schadstoff-intensiven Beton und macht das Haus CO2-neutral. Denn natürlich stammt auch der Strom, der im Hotel durch die Leitungen fliesst, aus erneuerbarer Quelle.

Grundriss 1. und 2. OG, Längsschnitt und Querschnitt.

Pläne: VON M

Hotel Bergamo, Ludwigsburg (D), 2019

Bauherrschaft: Fedor Schoen GmbH, Ludwigsburg (D)
Architektur: VON M (Dennis Mueller, Matthias Siegert), Stuttgart (D)
Tragwerksplanung: Merz Kley Partner, ORT
Holzbau: Kaufmann Bausysteme GmbH, Reuthe (A)

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