Das MINIMHOUSE ist das Resultat aus dreissig Jahren Erfahrung im Baubereich. Eligio Novello, Architekt des Architekturbüros U15 in Vevey, und Salomé Houllier Binder, Architektin und Architekturtheoretikerin, haben mit dem MINIMHOUSE ein Baukonzept entwickelt, mit dem komplexe Schnittstellen zwischen Unternehmern reduziert und Bauabläufe rationalisiert werden.

[1] Das erste MINIMHOUSE in Murist FR [2] Küche und Wohnzimmer im EG. [3] Grosses Zimmer im 1. OG, mit einer Schiebetüre von den anderen Räumen abtrennbar.

von Bertin [1], U15 [2-3]

[1] 3-D-Komponenten des modularen Bausystems. [2] Mögliche Kombination zwischen Modul und Wintergarten. [3] Grundriss EG. [4] Grundriss 1. OG. [5] Verschiedene Kombinationsmöglichkeiten. [6] Bauliche Dichte durch Ansammlung unterschiedlicher Wohntypologien.

Plans: U15

Sei es auf architektonischer und baulicher Ebene oder auf der Ebene der Nutzung, beim Minimhouse steht Vereinfachung im Vordergrund. Eine erste Betrachtung betrifft die Art der verwendeten Bauteile. Jedes Element wird von der vom Bau gegebenen konstruktiven Ebene bestimmt. Die Bauelemente kommen schon fertiggestellt und montagebereit auf die Baustelle. Je weniger komplex ein Objekt gestaltet ist, desto ökonomischer sind die verwendeten Mittel. «Ein zu Beginn wirtschaftlicher Umgang mit Baumitteln und Baumaterialien führt zu einer über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes hinweg andauernde Einsparung grauer Energie», erinnert Eligio Novello. Ein einfaches Gebäude kann über die Zeit auf unkomplizierte Weise gewartet werden. Die Kernidee des Konzepts Minimhouse besteht auf konstruktiver Ebene in der Montage von kleinen, vorfabrizierten Bauelementen und auf kontextueller Ebene in einer dichten Ansammlung kleinmassstäblicher Bauten.

Volumetrie und technische Einrichtungen

Die zweite Betrachtung betrifft die Kohärenz der architektonischen Form, die Volumetrie und die Nutzungsart des Hauses. Jeder dieser Aspekt unterliegt der Absicht, die technischen Einrichtungen auf ein Minimum zu reduzieren. Das Heizsystem des Minimhouses beschränkt sich auf einen einfachen Holzofen. Er ist zentral neben der Treppe platziert, die ins erste Stockwerk führt, und heizt das ganze Haus mit Konvektionswärme. Die gewählten Bodenelemente begünstigen die Wärmeverteilung. Die Heizanlage beschränkt sich auf eine einzige Wärmequelle, wodurch alle üblichen Wärmeverteilungsnetze umgangen werden.

Die elektrischen Anlagen des Minimhouses wurden ebenfalls auf ein Minimum reduziert. Keine zahlreichen Kabel mehr, die gezogen oder in die Bauelemente integriert werden müssen, keine unterschiedlichen Installationsphasen mehr: Dank einem Flachbandkabel, das in einen Bodenkanal entlang der Längsfassaden des Hauses gelegt wurde und von überall zugänglich ist, können die Bewohner die elektrischen Steckdosen anschliessen, wo sie wollen. Ein Doppelboden erleichtert die flexible Handhabung der elektrischen Anschlüsse. Zudem wurde die Doppelstromlüftung mit ihren zahlreichen Lüftungsrohren durch eine kontrollierte natürliche Lüftung ersetzt.

Wiederholbarkeit und Nutzungsflexibilität

Die Grundstruktur des Hauses besteht aus einer Sohle aus isoliertem Beton, ohne Unterlagsboden, und zusammengefügten vorfabrizierten Holzelementen. Alle Bauteile werden vorgefertigt und montagebereit auf die Baustelle geliefert. Das grösste Minimhouse besteht aus insgesamt 255 Teilen. Die wiederholte Verwendung derselben Elemente bedeutet keine Einbusse an architektonischer Qualität, sondern drückt eine Art Neoarchaik aus, die den Produktionsmöglichkeiten unserer Zeit entspricht und einer einfachen und rationalen konstruktiven Logik folgt. «Die Abkehr von technischer und konstruktiver Komplexität, die den Lowtech-Charakter des Minimhouse ausmacht, geht mit einer Verabschiedung von komplexen Lebensformen und Gebäudenutzungen einher», unterstreicht Salomé Houllier Binder. In Bezug auf Wohnkomfort und umweltbewusstem Wohnen, werden die Bewohner ermutigt, wenn es etwas kühler wird, einen Pullover mehr zu überzuziehen, statt auf ein teures und komplexes Wärmeregulationssystem zurückzugreifen.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der angestrebten Reduktion fossiler Energie entspricht das Minimhouse den heutigen Ansprüchen und ist zukunftsweisend: Durch Verzicht auf komplexe technische Anlagen wird der Verbrauch von Betriebsenergie reduziert und graue Energie gespart. Das Konstruktionsprinzip, das auf der Wiederholung von Bauelementen basiert, birgt nicht nur Vorteile, was den schnellen Aufbau, die flexible Nutzung der Innenräume oder der einfache Zugang zu den technischen Anlagen betrifft, sondern auch in Bezug auf nachträgliche Renovationen oder Umbauten der Gebäude. Es reicht, die vorfabrizierten und einfach demontierbaren Elemente durch neue zu ersetzen, die problemlos wieder auf die Tragstruktur montiert werden können.

Dichte durch Ansammlung von Elementen

Die Minimhouses bieten Wohnungen, die in ihrer Grösse und Grundstückfläche den Bedürfnissen der verschiedenen Bewohnergruppen angepasst werden können. Ein Gefüge von verschiedenen Minimhouses bildet ein Quartier, das durch eine grosse Bandbreite an Typologien gekennzeichnet ist. Diese soziale und typologische Vielfalt erleichtert es den Bewohnenden, in jeder Lebensphase innerhalb des Quartiers umzuziehen. Das Quartier kann ausserdem durch zusätzliche Pavillons erweitert werden: Einzimmer-Minimhouses von nur 8,3 Quadratmetern können den bestehenden Einheiten als unabhängige Arbeits- oder Ruhezimmer beigefügt werden. Ein Beispiel dafür befindet sich in Epalinges, wo das Grundstück nach und nach den Bedürfnissen der Bauherren folgend bebaut wird. Das schrittweise Hinzufügen von Gebäudeteilen ist von einfachen Regeln geleitet und ermöglicht eine Ausnützungsziffer, die zwischen 0,6 und 0,9 variiert.

Das erste MINIMHOUSE

Das erste Minimhouse wurde 2020 in Murist im Kanton Freiburg gebaut. Es ist vollständig mit vorfabrizierten Elementen gebaut, die auf einer Betonbodenplatte liegen. Während die Projektierungsphase fast drei Jahre und die Konstruktionsphase ein Jahr dauerten, wurden für die Realisierung der Betonbodenplatte und das Zusammenfügen der 255 vorfabrizierten Holzelemente knapp 35 Tage benötigt. Das Haus hat eine Wohnfläche von 168 Quadratmetern und kostet circa 720 000 Franken. Der zentral gelegene technische Kern, die Solaranlagen für die Warmwasserzubereitung auf dem Dach, der Holzofen, der dank einem Wärmeverteilungssystem das gesamte Haus zu heizen vermag, die natürliche Belüftung sowie die grossen Fensterflächen, die für viel Tageslicht sorgen und im Winter die Räume passiv wärmen, bringen das Minimhouse an die Spitze von Lowtech und Bauökologie.

Die Abkehr von technischer und konstruktiver Komplexität, die den Lowtech-Charakter des MINIMHOUSES ausmacht, geht mit einer Verabschiedung von komplexen Lebensformen und Gebäudenutzungen einher.

Eligio Novello

[1-2] Mit einer Minimalfläche von 8,3 Quadratmetern ist jeder Kubus ein Pavillon für sich, der mit anderen MINIMHOUSE-Konstruktionen erweitert werden kann. [3] Innenraum eines MINIMHOUSE-Kubus.

Studio No3 Alexandre Pierre Albert [1-2], U15 [3]

Projektinformationen

Bauherrschaft Privat
Architektur Studio U15
Ort Murist FR
Fertigstellung 2021
Auszeichnung Best Architects 2021

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